Handelsblatt / 16.12.2022
Sein Zustand soll „ernst“ sein: Sorgen um Georgiens Ex-Präsident Michail Saakaschwili
Der Gesundheitszustand des früheren georgischen Präsidenten hat sich offenbar weiter verschlechtert. Sein Anwalt warnt, Saakaschwili könnte
ohne Behandlung sterben.
Riga*- Der Gesundheitszustand des früheren Präsidenten Georgiens, Michail Saakaschwili, hat sich in der Haft offenbar weiter verschlechtert. Sein medizinisches Team meldete immer wieder gesundheitliche Probleme, seit der Politiker im Oktober 2021 inhaftiert wurde und mehrfach in Hungerstreiks trat.
In den vergangenen Wochen häuften sich Berichte über Sorgen um den Politiker vonseiten seiner Familie und Anwälte. Georgiens oberste Staatsanwältin*Nino Lomjaria nannte Saakaschwilis Zustand zuletzt „ernst“.
Der von Saakaschwili gegründeten Partei Vereinte Nationale Bewegung zufolge könnte der Politiker zudem während der Haft mit Schwermetallen „vergiftet“ worden sein. Die Partei bezieht sich dabei die sich auf Untersuchungen eines medizinischen Teams unter Mitarbeit des
US-Toxikologen David Smith. Ohne angemessene Behandlung könne er sterben, meldete sein Anwalt.
Die georgische Regierung hingegen weist den Vorwurf, Saakaschwilis Leben sei in Gefahr, zurück. Am vergangenen Mittwoch hatte das
EU-Parlament in einer
Resolution die Freilassung Saakaschwilis sowie eine angemessene medizinische Versorgung gefordert. Am Donnerstagabend äußerte sich auch das ukrainische Außenministerium besorgt über die Gesundheit des Politikers. Saakaschwili hat eine ukrainische Staatsbürgerschaft.
„Es ist offensichtlich, dass sich sein Gesundheitszustand klar verschlechtert“, sagt auch der georgische Aktivist Shota Dighmelaschvwli, Mitbegründer der politischen Gruppierung „Shame“, die sich für einen
EU-Beitritt Georgiens einsetzt, gegenüber dem Handelsblatt.
Auch Dighmelaschwili spricht sich für die Verlegung des Politikers in eine*Klinik aus, in der Saakaschwilis Gesundheitsprobleme angemessen behandelt werden können. Am vergangenen Mittwoch war Saakaschwili erneut in einen kurzen Hungerstreik getreten, um zu erwirken, per Videoschalte an einer gerichtlichen Anhörung bezüglich seiner Inhaftierung teilzunehmen.
Gerichtliche Anhörung in Georgien
Den georgischen Behörden zufolge war die Verbindung wegen technischer Probleme nicht zustande gekommen, der Termin wurde auf den 22. Dezember verschoben. Inzwischen hat der Politiker den Hungerstreik wieder beendet. Auf die Forderungen, Saakaschwili freizulassen und zur Behandlung in die
EU oder die
USA zu entlassen, ging die Regierung nicht ein.
Der 54-jährige Politiker war von 2000 bis 2001 Justizminister Georgiens, von 2002 bis 2004 Vorsitzender der Stadtversammlung der Hauptstadt Tiflis und von 2004 bis 2013 Staatspräsident.
Bekannt wurde Saakaschwili
2003 als
Anführer der sogenannten
Rosenrevolution, später als Reformer und Bekämpfer der Korruption im Land, doch im Laufe seiner letzten Amtszeit wurden ihm immer häufiger autoritäre Methoden vorgeworfen. Später emigrierte Saakaschwili in die USA und zog von dort in die Ukraine, wo er einige Zeit studiert hatte. Von Mai 2015 bis November 2016 war Saakaschwili
Gouverneur der
Oblast Odessa.
2018 war der Politiker in Georgien wegen angeblicher Vergehen während seiner Amtszeit als Präsident in Abwesenheit zu
sechs Jahren Haft verurteilt worden. Bei der überraschenden Rückkehr nach Georgien 2021 wurde ihm außerdem ein illegaler Grenzübertritt unterstellt und er wurde umgehend festgenommen. Saakaschwili selbst sieht die Inhaftierung als politisch motiviert an, auch internationale Menschenrechtsorganisationen hatten die Festnahme kritisiert. Nachdem sich sein gesundheitlicher Zustand in der Haft bereits im Mai verschlechtert hatte, war Saakaschwili in ein Krankenhaus in der Hauptstadt Tiflis verlegt worden, wo er sich noch immer aufhält.
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