Ein dritter Streitpunkt ist schließlich die Familienzusammenführung für Minderjährige, die ohne Begleitung nach Deutschland kommen. Hier sah der erste Referentenentwurf, wie für alle Antragsteller, die „subsidiären“ Schutz genießen, die also nur bedingten Flüchtingsstatus haben, eine Wartezeit für den Nachzug der engeren Familie von zwei Jahren vor. Begründet wurde die Maßnahme damit, dass der Anreiz in den Herkunftsländern beseitigt werden sollte, Kinder und Jugendliche alleine auf die Flucht zu schicken. Das Innenministerium verweist außerdem auf die steigende Zahl von Minderjährigen, die nach Deutschland geschickt würden. Nach Angaben der Länder sind bis zum 19. November schon 57.376 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Die Zahl ist insbesondere in den vergangenen Wochen stark gestiegen. Ende August waren es 25.000, am 31. Oktober schon 50.000 unbegleitete Minderjährige.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Michael Kretschmer, kritisierte die Blockade des Asylpakets insbesondere wegen des letzten Punkts. „Die Jugendlichen werden vorgeschickt, um die Familie nachzuholen“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.). „Schlepper nutzen dieses Hilfsinstrument und damit unsere deutsche Gesellschaft aus.“ Der Familiennachzug müsse deshalb ausgesetzt werden. „Die Blockade einer sinnvollen Anpassung des Rechts an die neue Situation gefährdet die Akzeptanz des Rechtsstaats“, sagte Kretschmer. Auch aus den Kommunen gab es Kritik. Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Hans-Günter Henneke, sagte der F.A.Z., es müsse jede Möglichkeit ausgeschöpft werden, die Zahl der Flüchtlinge und die Anreize zu reduzieren. Es sei deshalb nicht angemessen, „wenn der ursprüngliche Gesetzentwurf nun wieder nach und nach verwässert wird“. Allen müsse klar sein, „dass es bequeme Lösungen nicht geben kann.“
[Links nur für registrierte Nutzer]