
Zitat von
Heinrich_Kraemer
Super Beitrag!
Ein paar Korrekturen muß ich aber anbringen. Als eigene geistesgeschichtliche Tradition (es gibt selbstverständlich Überschneidungen) ist der Rationalismus französisch, in England herrscht der Empirismus.
Nietzsche selbst wandte sich immer gegen den deutschen Idealismus, schrieb bis auf wenige seiner Schriften in Französisch, verwendete v.a. Historisierungen um damit solche allumfassenden Entitäten und Vernunftaxiome des dt. Idealismus und der Kirche zu zerstören. Er hielt Napoleon für Vorgänger des späteren unbestimmten Übermenschen.
"Vernunft" ist soweit auch ein ganz problematischer Begriff, um damit französische oder englische Politik zu charakterisieren, weil das ja universell idealistisch angehaucht ist mit Kant und dem anderen Rotz. Ich würde so sagen: Der Franzose entscheidet - ums mal zuzuspitzen - aufgrund der Rationalisierung der Historie, der Engländer aufgrund der Wahrscheinlichkeit, die sich aus der empirischen Anschauung ergibt.
Interessant ist doch die Frage, inwiefern sich diese Geistestradition in Deutschland so entwickeln konnte. Und da sehe ich v.a. die Verbindungen zur Politik. Späte Reichseinigung, mit preussischem Staat nach französischem Vorbild, Problem unterschiedliche Kulturen und Religionen unter ein Dach zu bringen (praktischer Art und Weise paßt da die idealistische allumfassenden Universalisierung bestens, mit ihren irrationalen Unbestimmtheiten und Gefühlsduseleien), Hinterherhinken auch in der ökonomischen und industriellen Entwicklung usw. Daß Preussen dann Hegel aus dem Ländle zum Staatsphilosophen machte wundert dann auch nicht.
Die Romantik (und der damit einhergehende Konservatismus mit dt. Idealismus) war dann ja auch nichts anderes als eine Trotzreaktion auf den demokratischen Liberalismus mit dessen aggressiver Rationalisierung und Empirie.
Gefährlich wurde es dann, als Rationalismus und Idealismus im Sozialismus zusammengemischt wurden.
Aber - man sehe es mir nach - eine Ausnahme vom Lebensgefühl in Deutschland mache ich dennoch. Wir Bayern haben doch eher ein klassisches Weltbild. Kann auch noch aus unseren Verbindungen zu Frankreich herrühren. Wir sehen mit gewisser Wehmut die Welt wie sie ist, lassen es uns gut gehen, wollen Schweinshaxe, Maß Bier und BMW, und dann paßts schon irgendwie.
V.a. im kleinkarierten Ländle herrscht jedoch fanatischer Idealismus. Dem anderen nicht die Butter auf dem Brot gönnend wird hier gerafft, geschafft und Häusle gebaut, rumgelaufen und getan als müsste man ihnen noch einen fünfer spenden.
War erst mal im TV, daß die Grünen im Ländle sich selbst als die Romantiker schlechthin darstellten.
So verwundert es auch nicht:
Erscht waret ma alle Nationalsozialischtle, nachad Kommunischtle un Ökofaschistle, jetzt sinned ma Multikulturalischtle un Gudmenschle.
Selbstverständlich mit dem entsprechenden weltbeglückenden faschistischen Sendungsbewußtsein. Und wehe einer will nicht mittun, dem soll der Schädel eingeschlagen werden! Das dann schon.