
Zitat von
Gärtner
Dünkirchen war der erste schwere, nicht wieder gutzumachende taktische Fehler Hitlers (was auch zum Scheitern der "Seelöwe"-Pläne beitrug). Ob ein Angriff Stalins zu diesem Zeitpunkt bereits unmittelbar bevorstand, ist ja in der Forschung bis heute ein durchaus strittiges Thema. Ich neige eher der ablehnenden Fraktion zu, denn die rote Armee war nach den Säuberungen Stalins der meisten fähigen Offiziere beraubt (die entsprechenden taktischen und operativen Lernschritte der Stawka mußten nicht zuletzt Millionen Rotarmisten mit ihrem Leben bezahlen).
Ich denke, das Hauptproblem war Hitlers Ungeduld, endlich den von ihm seit 20 Jahren herbeigesehnten Endkampf mit dem Bolschewismus zu beginnen. Er konnte nicht abwarten und begann ohne Not (und entgegen aller seiner Beteurungen, die Lehren aus dem I. Weltkrieg gezogen zu haben und nie einen Zweifrontenkrieg zu führen), mit einem unbesiegten England im Rücken, den Rußlandfeldzug. Diese selbstmörderische Taktik bestätigte er dann am 11. Dezember 1941 mit der Kriegserklärung an die USA. Spätestens ab diesem Tage war der Krieg für das Reich nicht mehr zu gewinnen.
Auch Stalin hat während der ersten anderthalb Jahren nach dem 22.6.41 in seiner Leitung der Stawka bemerkenswerte Ignoranz und befehlshaberischen Starrsinn gezeigt. In der Defensive fiel ihm - übrigens nicht anders als später Hitler - nicht viel mehr als "Halten um jeden Preis" ein, was zu katastrophalen Verlusten an Mensch und Material führte (-> Kesselschlachten). Die Gerissenheit beschränkte sich auf seine Fähigkeiten als Politiker, auch hier Hitler ähnlich. Sein Befehl, jede Stellung um jeden Preis zu halten, erlaubte der Wehrmacht immer wieder schnelle Umklammerungen, die in Einkesselungen mündeten und jeweils mehrere Hunderttausend Gefange zur Folge hatten. Eigentlich begann sich das Blatt erst zu wenden, als Stalin begann, auf die Vorschläge der Stawka mehr zu hören, ungefähr ab dem Spätherbst 1942.
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