Mittwoch, 17. Februar 2010
Interview mit Wolfgang Gerke
"Rauswurf ist eine Alternative"
Die griechische Haushaltstragödie bringt den Euro in Turbulenzen. n-tv.de spricht mit dem Bankenexperten Wolfgang Gerke über Lug und Trug beim Eintritt in die Gemeinschaftswährung, die fatale Rolle der Investmentbanken und warum ein Rauswurf Griechenlands doch eine Option ist.
n-tv.de: Goldman Sachs hat geholfen, die griechische Bilanz anzupassen - an die Anforderungen der Euro-Staaten. Was halten Sie davon?
Wolfgang Gerke: Anpassen ist sehr vornehm ausgedrückt. Das ist im Grenzbereich der Statistik-Fälschung. Ich würde das Beihilfe zur Bilanzmanipulation nennen. Selbst wenn Goldman Sachs sich hierbei noch im formal-legal grünen Bereich bewegen sollte, wovon ich ausgehe, ist dieses Verhalten extrem unmoralisch. Man legt den Zündstoff für neue Finanzkrisen, an denen man dann womöglich auch noch selber verdient. Man muss als Konsequenz derart unmoralischen Investmentbanken in diesen Bereichen das Handwerk legen.
Die Geschäfte mit den Currency Swaps können zum richtigen Bumerang werden, die kommen ja erst in 10 bis 15 Jahren zum Tragen. Wird das noch ein eine böse Überraschung geben?
Wolfgang Gerke ist emeritierter Professor für Bank- und Börsenwesen und Präsident des bayrischen Finanzzentrums.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Gefahr ist groß. Man formuliert hier normale Zinszahlungen um in andere Leistungen, um so aus dem offiziellen Kreditbereich herauszukommen. Für Griechenland führt das aber eher zu einer höheren Belastung, man muss Goldman Sachs dreistellige Millionenbeträge an Provision zahlen. Insofern ist es auch aus Sicht sämtlicher Länder dieser Welt zu bekämpfen, dass einzelne Investmentbanken schnell kurzfristige Gelder verdienen - wenn es schief geht zu Lasten der internationalen Steuerzahler. Das, was hier abläuft, ist gefährlicher als es im Moment aussieht. Denn die Finanzkrise, die wir gerade einigermaßen hinter uns haben, die hat, um es bildlich auszudrücken, die Dämme unterspült. Mit Not haben sie gehalten. Wir haben als Steuerzahler die Sandsäcke geliefert. Die nächste Finanzkrise trifft auf Dämme, die porös sind. Da können wir uns solche Eskapaden von einzelnen Ländern und von Goldman Sachs nicht leisten.