Auch auf den Werbebannern dieser Dating-Plattform fallen sich eine fotogene Frau und ein fotogener Mann in die Arme. Aber anders als bei anderen Portalen dieser Art lohnt sich bei „Impffrei.Love“ auch der Blick über die Schultern der Frischverliebten in die Landschaft. Über ihnen ragt das Matterhorn in einen goldenen Himmel. Keine Dörfer, keine Straßen, nur Idylle, nur Natur. Das Matterhorn – ein Alpengipfel in Pyramidenform und in esoterischen Kreisen als „Kraftort“ gepriesenes Wunderwerk von Mutter Natur – ist für das Bild nicht weniger wichtig als die Liebenden im Vordergrund. Denn „Impffrei.Love“ richtet sich nicht wie Parship oder Tinder an alle, sondern nur an ungeimpfte Menschen. Es ist eine Online-Singlebörse für die, die sich gegen eine Covid-19-Impfung entschieden haben.
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Die Wiener Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack forscht seit Beginn der Pandemie zu den öffentlichen Einstellungen der Menschen zu Maßnahmen der Pandemiebekämpfung, darunter auch zur Impfung. In Portalen wie „Impffrei.Love“ sieht sie eine Gefahr. Dort herrsche eine Sprache der moralischen Überlegenheit, so Prainsack, die identitätsstiftend wirken solle. „Diese digitalen Räume verfestigen Meinungen“, erläutert sie, „die Gesellschaft verliert so auch Gemäßigte an radikalere, anti-demokratische Weltbilder, die da auch vertreten werden“.
Die Forscherin erlebe selbst häufig Beschimpfungen durch Impfgegnerinnen und Impfgegner. Sie sagt: „Diese Portale binden Leute aneinander, auch weil manche ihre vor der Pandemie existierenden sozialen Kreise verloren haben. Man lässt also jetzt die ‚Unwissenden‘, die ‚Schlafschafe‘, die einen vielleicht auch selbst nicht mehr wollen, hinter sich für ein neues Wir-Gefühl.“
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