Managermagazin / 27.01.2023
Rüstungsindustrie
Das Geschäftsmodell Leopard 2 – wer am Kampfpanzer verdient
Seit dieser Woche ist klar: Deutschland und verbündete Staaten werden Kampfpanzer in die Ukraine schicken. Die Rüstungsindustrie macht sich Hoffnung auf Folgeaufträge,
Investoren wittern ein
Geschäft.
Das jüngste Modell ist
64 Tonnen schwer, bis zu
63 km/h schnell und verfügt mit seiner Glattrohrkanone über eine Schussweite von bis zu 5000 Metern. Damit ist der
Leopard 2 A7 einer der leistungsfähigsten und modernsten Kampfpanzer der Welt. Spätestens seit der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (64; SPD) und anderer westlicher Verbündeter, der Ukraine nun doch Leopard-Panzer zu liefern, richtet sich der Fokus auf die Frage:
Wer baut und liefert die Kriegsmaschine eigentlich?
Das Interesse an dem Leopard steht sinnbildlich für den Sinneswandel in Deutschland. Die
Rüstungsindustrie agierte in den
letzten Jahrzehnten eher im
Halbdunkel. Der verheerende Krieg in der Ukraine rückt die Branche in ein
neues Licht. Und der Leopard 2, an dessen Produktion viele der großen Rüstungsfirmen beteiligt sind, nimmt dabei eine besondere Rolle ein. Ein Gemeinschaftsprojekt, das nun zum Imagegewinn der deutschen Industrie beiträgt.
Haupthersteller ist der Rüstungskonzern
Krauss-Maffei Wegmann (KMW), der die Wanne, also den unteren Teil des Panzers und damit dessen äußere Hülle, baut. Die ersten Leopard-Panzer rollten bereits im Jahr 1965 aus den Werkstoren des 1838 gegründeten Unternehmens, das Nachfolgemodell Leopard 2 wird seit den
70er Jahren gebaut. Seitdem hat KMW mehr als 3500 Leopard-2-Panzer hergestellt und ist inzwischen Europas größter Panzerbauer. Neben dem Kampfpanzer bauen die Münchener beispielsweise auch den Schützenpanzer Puma, den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard und eine Reihe von Radfahrzeugen.
Vor acht Jahren fusionierte der private Konzern, der seit 2006 von dem eher verschlossenen
Frank Haun (63) geführt wird, mit dem
französischen Rüstungsunternehmen
Nexter. Kontrolliert wird das Gemeinschaftsunternehmen über die
niederländische Holding
KNDS, die wiederum
je zur Hälfte den
Eigner-Familien hinter
KMW sowie dem
französischen Staat gehört. Einblick in die Zahlen der einzelnen Unternehmungen gewährt KNDS
nicht. Es ist lediglich bekannt, dass die gesamte Gruppe im Jahr 2020 mit rund 8270 Mitarbeitern einen Umsatz von
2,4 Milliarden Euro erwirtschaftete – KMW beschäftigt davon etwa
4000 Mitarbeiter.
KMW braucht Rheinmetall
Wichtigster Partner von KMW beim Bau des Leopard-Panzers ist
Rheinmetall. Das Düsseldorfer Unternehmen, das 1889 als "Rheinische Metallwaren- und Maschinenbaufabrik Aktiengesellschaft gegründet wurde, liefert die Hauptwaffe des Kampfpanzers, eine Glattrohrwaffenanlage. Darüber hinaus stellt Rheinmetall die Feuerleitanlage, also die Technik, mit deren Hilfe ein Geschoss möglichst genau ins Ziel gebracht werden kann.
CEO Armin Papperger (59), der den Konzern seit zehn Jahren leitet, verriet im Interview mit dem "Stern" gerade, dass Rheinmetall beim Leopard 2 eine
Ergebnismarge von mindestens 10 Prozent vor Steuern anpeilt. Bei einem Verkaufspreis zwischen
drei und
neun Millionen Euro pro Fahrzeug, je nach Ausstattung, bleibt somit noch ein ordentlicher Gewinn übrig – auch wenn der für den Gesamtkonzern von eher überschaubarer Bedeutung ist.
Die Fantasie der Investoren beflügelt der Leopard 2 allerdings. Die Rheinmetall-Aktie, die vor Beginn des Ukraine-Krieges bei knapp 96 Euro notierte, legte im vergangenen Jahr ohnehin deutlich zu. Am Tag der offiziellen Bestätigung der Leopard-Lieferung durch die Bundesregierung erreichte das Papier dann ein Rekordhoch von 232 Euro. Die Bewertung des Unternehmens lag zwischenzeitlich bei rund zehn Milliarden Euro, Rheinmetall wird inzwischen sogar als neues Dax-Mitglied gehandelt.
Dabei preisen Anleger die mögliche Entwicklung von Rheinmetall lediglich im Voraus ein. Denn bisher hat das Unternehmen laut Vorstandschef Papperger aus dem von der Bundesregierung aufgelegten Sondervermögen "nicht einen einzigen Auftrag erhalten". So lässt sich die vom Kanzler ausgerufene "Zeitenwende" auch noch nicht an den Erlösen ablesen. Im dritten Quartal 2022 erwirtschaftete Rheinmetall mit seinen weltweit 25.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro – ein Plus von lediglich 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als noch kein Krieg herrschte. Das operative Ergebnis legte um 9 Prozent auf 323 Millionen Euro zu. Neuere Zahlen sind noch nicht verfügbar.
Dennoch zeigt sich Papperger optimistisch und hebt den mittelfristigen Umsatzausblick von Rheinmetall an. Der Konzernchef geht nunmehr davon aus, dass der Umsatz bis 2025 auf elf bis zwölf Milliarden Euro steigen werde. Im November war der Rüstungskonzern noch von zehn bis elf Milliarden Euro ausgegangen. Für das abgelaufene Geschäftsjahr rechnet Papperger mit einem Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 erwirtschaftete Rheinmetall Erlöse in Höhe von 5,7 Milliarden Euro.
Das sind die Zulieferer
Beim Bau des Leopard-Panzers sind die beiden Panzerschmieden
KMW und
Rheinmetall natürlich auf eine Reihe von Zulieferern angewiesen – und darunter sind ebenfalls prominente Vertreter der deutschen Rüstungswirtschaft. So produziert etwa der
Augsburger Getriebehersteller und Rüstungszulieferer
Renk das Getriebe für das Fahrzeug. Das Unternehmen wurde vor 150 Jahren als Zahnrad-Werkstatt gegründet, gehörte zwischendurch sogar mal zum Autobauer
Volkswagen. Heute ist der
deutsch-schwedische Finanzinvestor
Triton Eigentümer und Renk erwirtschaftet rund 75 Prozent seines Geschäfts von zuletzt 800 Millionen Euro (2021) mit der Rüstungsindustrie. Geführt werden die 3000 Mitarbeiter seit Mai 2021 von Susanne Wiegand (50), einer der wenigen Topmanagerinnen in der Branche. Auch sie beklagt die mangelnde Tatkraft der Bundesregierung: "Wir haben seit elf Monaten Krieg, und es ist immer noch nicht viel passiert", sagte sie jüngst der "Süddeutschen Zeitung".
Der Dieselmotor des Leopard-Panzers kommt von dem
Rolls-Royce-Konzern, der die Antriebe in Friedrichshafen unter dem Markennahmen
MTU baut. Das Rüstungsunternehmen
Diehl liefert die Panzerketten. Und der Panzerstahl kommt vom
schwedischen Stahlkonzern
SSAB.
* Produktion eines Kampfpanzers dauert mehrere Jahre
Klar ist, dass die beteiligten Unternehmen nicht kurzfristig von den Leopard-Lieferungen in die Ukraine profitieren werden. Die 14 von Bundeskanzler Scholz angesprochenen Leopard-2-Panzer kommen aus dem Bestand der Bundeswehr. Die Hoffnung ist allerdings, dass die Bundesregierung die Bestände wieder auffüllen und moderne Panzer bestellen wird – das hieße:
Neugeschäft für KMW, Rheinmetall und Co.
Allerdings muss man dazu sagen, dass die Produktion eines Leopard-2-Panzers in der Regel
mehrere Jahre dauert. Beispielsweise hat Ungarn Ende
2018 bei KMW
44 neue
Leopard-2-Panzer vom Typ
A7 bestellt. Doch erst in
diesem Jahr sollen die
ersten Modelle an die ungarischen Truppen geliefert werden. Selbst für die
Instandsetzung von alten Modellen, so wie es derzeit in den Werkshallen von Rheinmetall geschieht, wird rund
ein Jahr veranschlagt.
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