
Zitat von
Lichtblau
In der Einleitung des Kaptials schreibt Groehler zur Genese der Zahl:
"Ein überaus schwieriges Problem bei der Analyse des Bombenkrieges gegen Deutschland ist die Berechnung der Bevölkerungsverluste. Alle bisher auch in der wissenschaftlichen Literatur genannten Zahlen bleiben Schätzungen, die zumeist auf seinerzeit von Studienkommissionen des United States Strategic Bombing Survey vorgenommenen Hochrechnungen beruhen. Diese schwanken zwischen 300 000 und 600 000 Luftkriegstoten. Am häufigsten beruft man sich hierbei auf zwei Zahlenangaben: auf die von der Kommission für die Ausarbeitung des Over-all-Reports vom 30. September 1945 errechnete Zahl von 305 000 getöteten deutschen Zivilpersonen (306) - das ist die niedrigste Schätzung - und auf die am 30. Oktober 1945 von Hitchcock und Watkins errechnete Zahl von mindestens 422 000 im Luftkrieg getöteten Zivilisten - sie ist die mehrheitlich genannte Zahl. (307)
Die Berechnungen beider Kommissionen stützten sich auf erbeutete deutsche Unterlagen, die z. B. die Over-all-Kommission bis Ende 1944 für weitgehend zutreffend hielt. Dabei ging sie davon aus, den deutschen Unterlagen entnehmen zu können, daß bis Ende Januar 1945 250 253 Personen durch Luftangriffe ums Leben gekommen seien. Des weiteren wurde angenommen, daß 55 000 Zivilisten in den letzten drei Monaten dieses Zeitraums getötet worden sind.
Hitchcock und Watkins hingegen, mit demselben Material arbeitend, maßen den deutschen Angaben bis Ende 1943 einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad bei - allerdings mit Ausnahme des Angriffs auf Hamburg, bei dem die deutschen Berechnungen von 34 324 Toten ausgingen, während die Amerikaner der Auffassung waren, die Verluste hätten zwischen 56 000 und 60 000 Personen gelegen. Alle übrigen Verlustangaben werteten sie als spekulativ und stellten dem eine Hochrechnung gegenüber, die die vorhandenen Angaben mit der Menge der über Deutschland abgeworfenen Bomben in ein Verhältnis zueinander setzte. Danach wurden die Menschenverluste für 1944 mit 210 000 Toten und für 1945 mit 110 000 Toten berechnet.(308) Unter Berücksichtigung aller übrigen Verlustziffern - dies betraf die Vermisten, die Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen usw. - operierte man mit einer Gesamtverlustzahl von einer halben Millionen Menschen.
Auf diesen Hochrechnungen beruhen auch die meisten Verlustangaben, die halbamtliche Veröffentlichungen der BRD wiedergeben. So wird in der 1956 vom Statistischen Amt der BRD herausgegebenen »Deutschen Bevölkerungsbilanz des zweiten Weltkrieges« die Gesamttotenzahl auf 570 000 Personen beziffert. Davon sollen rd. 250 000 auf den Zeitraum von September 1940 bis Januar 1945 und etwa ebensoviel auf die letzten drei Kriegsmonate entfallen. Nicht enthalten in dieser Berechnung sind jedoch die Menschenverluste bei Wehrmacht, Polizei, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen.(309)
(306) USSBS, Over-all Report, S. 95.
(307) Ebenda, The Effects of Bombing on Health and Medical Care in Germany, 30. Oktober 1945, S. 11.
(308) Ebenda, S. 12.
(309) Wirtschaft und Statistik, 8. Jg., Neue Folge, H. 10/1956, S. 499; ebenso: Dokumente deutscher Kriegsschäden, Bd. 1, Bonn 1958, S. 59f; Der Luftkrieg über Deutschland 1939-1945, hrsg. v. Erhard Klöss, München 1963, S. 275 f."
Demnach galten in der BRD mal 500 000 Bombenkriegstote offiziell. Jetzt sind wir bei 200 000.