Deutschland dürfte in diesem Jahr die USA als Einwanderungsland Nummer eins ablösen. Damit befindet sich das Land inmitten einer historischen Weichenstellung, deren Tragweite wohl mit der Wiedervereinigung verglichen werden muss.
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Zuwanderung schafft, wie Freihandel, Gewinner und Verlierer. In beiden Fällen fließt der Nutzen zunächst eher dem Faktor Kapital als der Arbeit zu, da zusätzliche Hände den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt verschärfen. Gesellschaftliche Errungenschaften wie soziale Sicherung und Bildungssystem geraten zunächst unter Druck, da Zuwanderer Leistungen benötigen, ohne gleich entsprechende Steuern und Versicherungsbeiträge zu erbringen. Daher müssen wohl einige der Regeln am Arbeitsmarkt und der sozialen Sicherung überprüft werden.
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Ohne nennenswerte Nettozuwanderung würde die Zahl der Erwerbstätigen über die nächsten zehn Jahre um rund 4,5 Millionen schrumpfen. Das Wirtschaftswachstum würde von derzeit im Schnitt 1,5 auf rund 0,5 Prozent sinken. 2030 wäre voraussichtlich ein Zustand der Stagnation erreicht. Unser heutiges Wohlfahrtssystem kann jedoch bei einer alternden Bevölkerung nur aufrechterhalten werden, wenn die Wirtschaft längerfristig um mehr als zwei Prozent im Jahr wächst. Sonst sind in den sozialen Sicherungssystemen, insbesondere im umlagefinanzierten Rentensystem, Leistungskürzungen unvermeidlich.
Allein um die derzeitigen Wachstumsraten zu halten, muss die Zahl der Zugezogenen auf ein Fünftel der Bevölkerung anwachsen. Das wird unsere Willkommenskultur bis aufs Äußerste belasten. …...usw.