Und wußten Sie, daß die deutsche Reichsregierung den Polen kurz vor Kriegsausbruch einen 16-Punkte-Vorschlag zur Regelung der deutsch-polnischen Probleme gemacht hat?
Nur haben sich die Polen geweigert, diesen deutschen Vorschlag anzunehmen. Sie haben sich aber nicht nur geweigert, den Vorschlag inhaltlich anzunehmen, sondern sie haben sich auch geweigert, das Papier entgegenzunehmen. Und so mußte dieser deutsche Vorschlag über London nach Warschau gehen, kam so in die Hände der britischen Kabinettsmitglieder und dabei auch in die Hände des englischen, gerade zurückgetretenen Marineministers Cooper.
Wie es dann so manchmal ist, mancher nimmt seine Dienstsachen mit nach Hause. Und so bekam Frau Cooper diesen Vorschlag bei ihrem Mann zu lesen. Sie las den deutschen 16-PunkteVorschlagund sage zu ihrem Mann: „Ich weiß nicht, was Du willst, der deutsche Vorschlag istdoch so vernünftig.“ So beschreibt das Cooper selber in seinen Memoiren.
Da packte den Minister Cooper das Entsetzen, denn ihm wurde sofort klar, daß die englische Öffentlichkeit genauso auf den deutschen Vorschlag reagieren könnte, wie seine eigene Frau, und er rief stehenden Fußes die Redaktion von Daily Mail und Daily Telegraph an und forderte sie auf, den deutschen Vorschlag in einem möglichst ungünstigen Lichte darzustellen.
Nun hatte die Reichsregierung angekündigt, diesen Vorschlag abends über Rundfunk der Weltbekannt zu geben. Da bat der britische Botschafter Henderson in Berlin im deutschen Auswärtigen Amt, man möge den Vorschlag nicht veröffentlichen. Er begründete das etwas fadenscheinig damit, daß die öffentliche Bekanntgabe der deutschen Vorschläge die Verhandlungen mit den Polen stören könnte.
Der französische Historiker Rassinier hat nach dem Krieg über diesen deutschen Friedensvorschlag geschrieben. „Hätten das französische und das britische Volk am 30. August1939 von diesem deutschen Vorschlag Kenntnis gehabt, so hätten Paris und London kaum den Krieg an Deutschland erklären können, ohne einen Sturm der Entrüstung hervorzurufen, der den Frieden durchgesetzt hätte.“
Nun werden Sie sich fragen, woher ich das alles habe. Ich weiß das aus den Akten des Nürnberger Prozesses. Ich weiß das aus den Akten des englischen Foreign Office, des deutschen Auswärtigen Amtes, den Darstellungen zweier französischer Historiker und den Darstellungen der damals beteiligten Botschafter. In den letzten zehn Tagen vor Kriegsbeginn ist intensiv zwischen Berlin und London verhandelt worden, um die deutsch-polnischen Probleme ohne Krieg zu lösen