Die EU ist als Mitglied der WTO völkerrechtlich verpflichtet, deren Grundsätze und Verfahrensvorschriften bedingungslos einzuhalten. Dazu gehört vor allem die Verpflichtung, den Handel untereinander in keiner Weise zu behindern. Der Gerichtshof der EU überwacht die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Jede natürliche und juristische Person, gegen die sich die betreffende rechtswidrige Handlung richtet, ist klagslegitimiert.
In Art. 340 des EU-Vertrages ist die vertragliche Haftung der Union geregelt. Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Union den durch die Ausübung ihrer Organe verursachten Schaden nach den allgemeinen Regeln.
Die Sanktionen verstoßen auch gegen weitere multilaterale und bilaterale Vereinbarungen und außervertragliche Pflichten, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen im Wirtschaftsverkehr, aber auch den Normen der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben. Die Auswahl der russischen Personen und Unternehmen, gegen die sich die Sanktionen richten, ist willkürlich und individuell, ohne dass ihnen konkret Handlungen gegen die Ukraine vorgeworfen werden können. Dasselbe trifft auf betroffene österreichische Firmen zu.
Der EuGH hat bereits im Jahr 2008 ausgeführt, dass eine außervertragliche Haftung im Sinn des Art 340 AEUV gegeben ist, wenn ein außergewöhnlicher Schaden durch das rechtswidrige Handeln eines Organes der EU entstanden ist bzw. droht und der Kausalzusammenhang außer Zweifel steht.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor: Schon die Drohung mit Sanktionen stellt einen Rechtsverstoß dar; die erlassenen Sanktionen sind völkerrechtswidrig und verstoßen gegen außervertragliche allgemeine Regeln; der drohende und teilweise schon eingetretene Schaden steht in unmittelbarem kausalen Zusammenhang mit den Sanktionen, und die Sanktionen waren für keine der Betroffenen vorhersehbar.
Kein einziges Unternehmen konnte mit dieser Einschränkung des Wirtschaftsverkehrs rechnen. Betroffene Unternehmen, wie die Bank Rossia oder Gazprom, und Einzelpersonen können daher ebenso wie ihre europäischen Partner die Unterlassung von gegen sie gerichteten Sanktionsmaßnahmen und deren Androhungen sowie den ihnen bereits entstanden Schaden bzw. Verluste gegen die EU und deren Organe beim EuG einklagen.
Darüber hinaus ist es auch zulässig, auf nationaler Ebene die Teilnahme des jeweiligen Staates an Sanktionsmaßnahmen gerichtlich zu bekämpfen und die Organe der EU zu verpflichten, weitere Androhungen von Sanktionen zu unterlassen. Die nationalen Gerichte können das innerstaatliche Verfahren unterbrechen und eine Vorabentscheidung durch den EuGH einholen, ob dieser Schadenersatzansprüche gegen Staaten und ihre Organe zulässt, die Sanktionen androhen und/oder erlassen.
Die Immunität schützt Regierungsmitglieder nicht vor Schadenersatzklagen. Um Politikern, wie z. B. der deutsche Bundeskanzlerin Merkel, in ihrem Eifer, weitere Sanktionen anzudrohen, Einhalt zu gebieten, könnte auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt werden.