Um 17 Uhr 20 erhält Georges Bonnnet die endgültige Antwort der englischen Regierung, betreffend das italienische Konferenzprojekt. Sir A. Cadogan erklärt: "Ich beginne mit der Antwort auf die zweite Frage bezüglich der Konferenz von Benito Mussolini. Die Regierung war einstimmig der Auffassung, daß sie eine zustimmende Antwort nur unter einer Bedingung geben kann: die deutschen Truppen müssen sich unverzüglich von polnischem Boden zurückziehen; andernfalls ist es unmöglich, eine Konferenz in's Auge zu fassen."
Kurze Zeit später, im Kabinett von Präsident Daladier, unterstreicht Georges Bonnet, daß "die von der britischen Regierung gestellte Bedingung, daß sich die deutschen Truppen aus ihren eroberten Gebieten zurückziehen sollen, inakzeptabel ist, und offensichtlich von Deutschland nicht akzeptiert wird."
Trotz dieser Offenichtlichkeit folgt das Kabinett Daladier England und fordert den Abzug der deutschen Truppen.
Nach einigen Diskussionen beschließt das Kabinett bis zum Mittag des kommenden Tages zu warten. Doch es entscheidet wie England, daß Frankreihc einen Abzug der deutschen Truppen von polnischem Boden fordern soll.
Darüber in Kenntnis gesetzt, schreibt Galeazzo Ciano: "Mir scheint, man kann jetzt nichts mehr machen. Es liegt nicht an uns, Hitler einen ähnlichen Rat zu geben, den er entschieden zurückweisen würde, möglicherweise sogar mit Wut. Ich werde Halifax informieren, zwei Botschafter und den Duce. Danach telephoniere ich mit Berlin, es sei denn ich bekomme andere Anweisungen. Wir verzichten darauf, weiter Fürsprache zu halten.
Der letzte Hoffnungsschimmer ist erloschen. Mitten in der Nacht erhalte ich einen Anruf aus dem Ministerium, weil Bonnet gefordert hat (...) ob man nicht wenigstens einen symbolischen Rückzug der deutschen Truppen aus Polen erreichen könne. Nichts zu machen, ich lehne diesen Vorschlag ab, ohne sogar den Duce zu informieren.
Der Frieden hat gerade seinen letzten Atemzug getan. England, mit Frankreich im Schlepptau, hat ihm den Fangschuß gegeben."
Von jetzt an begannen sich die Ereignisse zu verketten, um am 3. September zur englischen und französischen Kriegserklärung zu führen. Am gelichen Tag, um 20 Uhr 51, schickte Berlin folgendes, von Hitler unterschriebene Telegramm nach Rom:
"Duce, Ich danke Ihnen zunächst für Ihren letzten Versuch einer Vermittlung. Ich wäre bereitgewesen, anzunehmen, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sich eine Möglichkeit hatte finden lassen, mir gewisse Garantien zu geben für einen erfolgreichen Verlauf der Konferenz. Denn seit zwei Tagen sind die deutschen Truppen in einem teilweise außerordentlich schnellen Vormarsch in Polen begriffen.
Es wäre unmöglich gewesen, die dabei gebrachten Blutopfer sich durch diplomatische Ränke wieder entwerten zu lassen."
Manche werden mir entgegenhalten, Hitler hatte nie die Absicht, an einer Konferenz teilzunehmen. Nehmen wir an, es war unmöglich, den Erklärungen des Führers zu vertrauen. Vergessen wir sogar unsere Darstellung der englischen Winkelzüge und nehmen weiter an, das Torpedieren des italienischen Vorschlags wäre Hitler zur Last zu legen. In diesem Fall hätten die Ankläger bei den Nürnberger Prozessen nichts zu befürchten gehabt. Sie hätten der Welt die Ereignisse zwischen 31. August und 3. September 1939 enthüllen können, um zu schlußfolgern: Hier sehen Sie, daß wir alles versucht haben, den Frieden zu bewahren, aber die Gegenseite wollte den Krieg. Doch so ist es nicht gekommen.
In Nürnberg beschuldigte der britische Anklagevertreter Griffith-Jones Deutschland, für das Scheitern der italienischen Friedenskonferenz verantwortlich zu sein. Auf diese Weise stellte er die Ereignisse dar:
"Am 3. September bot Mussolinie eine Chance für den Frieden an. Wir haben ein Telegranmm vom 3. September, 6 Uhr 30. Leider kann ich nicht sagen, ob von 6 Uhr 30 Vormittag oder Abend. (In Wahrheit war das Telegramm von 14 Uhr).
"Zur Information läßt Italien, dabei jede Entscheidung dem Führer überlassend, wissen, daß es seiner Regierung noch immer möglich ist, das Prinzip einer Konferenz mit Frankreich, England und Polen auf folgender Basis zu akzeptieren:
1. Waffenstillstand, der die Armeen in ihrer aktuellen Position beläßt."
… Wir erinnern uns, daß die deutschen Truppen am 3. September beträchtlich über die Grenzen hinaus vorgedrungen sind.
2. Einberufung der Konferenz innerhalb von 2-3 Tagen
3. Lösung der deutsch-polnischen Streitfrage auf Grundlage der aktuellen Lage, was Deutschland sicher begünstigen wird.
Danach führte der Ankläger aus: "Aber, Euer Ehren, Mussolini kannte möglicherweise gar nicht alle Pläne Deutschlands, und seine Vorschlag wurde in einem entscheidenden Brief Hitlers zurückgewiesen, der als Antwort schrieb. Nach einer kurzen Unterbrechung begann Griffith-Jones aus dem Telegramm Hitlers an Mussolini vom 3. September 1939 zu zitieren. Das Manöver der Anklage trat offen zutage: es bestand darin, vorzutäuschen,
- daß Mussolinis Initiative vom 3. September stamnmt
- der Duce anfing, das Reich zu fragen, ob es die Idee einer Friedenskonferenz akzeptiere, mit der Bedingung eines einfachen Waffenstillstands;
- Hitler einige Stunden später mit einer Ablehnung antwortete
Diese lügenhafte Präsentation erlaubte es, alle Ereignisse zwischen 31. August (italeinischer Friedensvorschlag) und 2. September abends (Ablehnung von Mussolinis Vorschlag infolge einer neuen englischen Forderung nach Abzug der deutschen Truppen) zu verbergen. Ereignisse, unter die unter die von England organsisierten Winkelzüge zu zählen sind, mit denen Mussolinis Vorschlg torpediert werden sollte. Indem sie schamlos lügten, haben sich die Engländer selbst verurteilt.