Die Weißbücher sind allenfalls Beweise für die von den Nazis vorgenommenen Geschichtsfälschungen.
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Die Weißbücher sind allenfalls Beweise für die von den Nazis vorgenommenen Geschichtsfälschungen.
Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt – verachten aber die Gleichheitslüge und verneigen uns vor den naturgegebenen Rängen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Müssen Sie ja wohl. Ich habe auf einen Beitrag eines "Nationalbolschewisten" geantwortet.


Wie ich schon einmal gesagt habe, sind die Weißbücher mit äußerster Vorsicht zu genießen. Sie wurden vom Auswärtigen Amt herausgegeben. Diese Leute waren Diplomaten, deren Aufgabe es war, ihr Land zu vertreten. Diplomaten sind parteiisch, weil genau dies ihre Aufgabe ist.
Was ist nun von den Diplomaten in Hitlers Diensten zu erwarten? Werden sie sagen: "Klar haben wir einen brutalen Angriffskrieg und die Eroberung von Lebensraum geplant"? Oder könnte man von ihnen erwarten, dass sie ihr Land in Schutz nehmen und die Schuld bei den anderen suchen, obwohl sie genau wissen, dass dies nicht den Tatsachen entspricht?
Ein Diplomat, der sein Gehalt wert ist, wird im Zweifelsfall natürlich Letzteres tun.
Tatsächlich ist in mehreren Fällen nachgewiesen, dass u.a. auf Hitlers Anweisung in den Weißbüchern Falschmeldungen erschienen sind. So auch im 2. Weißbuch, das Brutus hier zitiert:
Es waren deutsche Agenten vom SD bzw. der SS, die diesen Überfall inszeniert haben, um ihn den Polen in die Schuhe zu schieben.4. Meldung des Polizeipräsidenten Gleiwitz.
Gegen 20 Uhr wurde der Sender Gleiwitz durch einen Trupp polnischer Aufständischer überfallen und vorübergehend besetzt. Die Aufständischen wurden durch deutsche Grenzpolizeibeamten vertrieben. Bei der Abwehr wurde ein Aufständischer tödlich verletzt.
Wer - wie Brutus - den Weißbüchern blind vertraut und alles für bare Münze nimmt, handelt sich ein unangenehmes methodisches Problem ein. Da in den Weißbüchern nachweislich Falschmeldungen stehen, kann man ihnen grundsätzlich nicht mehr glauben, sondern muss bei jeder einzelnen Meldung fragen: Ist dies nun vertrauenswürdig, oder ist das schon wieder eine frei erfundene Meldung, deren Veröffentlichung womöglich Hitler selbst angeordnet hat?
Diese Frage lässt sich nicht aus den Weißbüchern selbst heraus beantworten. Man braucht weitere Quellen, um die Glaubwürdigkeit der Meldungen jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Wenn man diese Quellen hat, braucht man aber wiederum die unzuverlässigen Weißbücher nicht mehr.
Tatsächlich war der Überfall auf den Sender Gleiwitz nur eine in einer ganzen Reihe von Aktionen, die Hitler einen Anlass bieten sollten, gegen Polen loszuschlagen. Ich sehe beispielsweise in "Sommer 1939", Hrsg. Wolfgang Benz und Hermann Graml, DVA 1979, ab Seite 107 einige Zitate aus dem "Völkischen Beobachter" und anderen Publikationen, die dem, was Brutus hier zitiert hat, recht gut entsprechen. Immer wieder geht es darum, dass polnische Eindringlinge, manchmal Freischärler, mitunter aber auch polnische Militärangehörige, auf deutsches Hoheitsgebiet vorgestoßen wären.
Allerdings:
Der Autor hat anscheinend zahlreiche Zeugen gefunden: "Sie alle trugen dazu bei, daß heute eine gesicherte Darstellung der Planung, Vorbereitung und Durchführung der Grenzzwischenfälle, die Hitler zum casus belli hochspielte, gegeben werden kann." (S. 111) Mit der Organisation dieser Zwischenfälle war der SS-Gruppenführer Heydrich beauftragt. Heydrich traf am 9. August 1939 in Oppeln ein und sagte dem örtlichen Leiter der Gestapo: "Der Führer braucht einen Kriegsgrund." Heydrich erklärte dem Gestapochef Schaefer dann folgendes:Hohe SS-Führer wie der Brigadeführer Walter Schellenberg und Standartenführer Dr. Rudolf Mildner hatten bereits während des Krieges von deutscher Urheberschaft an solchen Aktionen gehört. Tagebuchaufzeichnungen deutscher Offiziere ergänzen das Bild. Sie wissen von der Lieferung polnischer Uniformen und polnischer Ausrüstungsgegenstände an die SS.
(a.a.O, S. 110).
SS-Oberführer Mehlhorn hatte verschiedene Einwände, wurde von Heydrich jedoch zum "Bedenkenrat" ernannt (S. 115) und bekam die Aufgabe, durch seine Kritik zum Gelingen der Aktionen beizutragen. Heydrich berief sich auf den Führerbefehl und sagte: "Wenn erst einmal die Panzer rollen, spricht kein Mensch mehr davon." (S. 115). Heydrich bezieht sich hier offenbar auf Hitlers Äußerung am 22.8.1939 auf dem Obersalzberg:Der Führer, der Reichsführer und er selbst hätten erwogen, durch angebliche polnische Einheiten in Kompanie- bzw. Zugstärke deutsches Gebiet zu überfallen. Er, Schaefer, solle ihm geeignete Grenzübergänge zeigen. (a.a.O, S. 111)
Auch die Auswahl und Ausrüstung der Akteure für diese fingierten Übergriffe ist gut dokumentiert. Jost, der Leiter des SD/Ausland,Ich werde propagandistischen Anlaß zur Auslösung des Krieges geben, gleichgültig, ob glaubhaft. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Bei Beginn des Krieges kommt es nicht auf das Recht an, sondern auf den Sieg.
Domarus: Hitler, Reden 1939-1940, S. 1238
Es stand zu befürchten, dass in der Vorbereitungszeit einige der SS-Leute den Einberufungsbefehl zur Wehrmacht erhalten könnten. Deshalb lautete Hitlers Weisung: "Freigabe der für dieses Unternehmen benötigten Leute." Der Befehlsempfang wurde im Tagebuch der Abwehr II kurz darauf folgendermaßen notiert:sollte außerdem noch polnische Uniformen und Ausrüstungsgegenstände besorgen, damit bei der Bevölkerung Zweifel an der Echtheit der Überfälle gar nicht erst entstehen konnten. (Sommer 1939, S. 115)
Nach vielen Details und Angaben zu verschiedenen Orten, an denen die fingierten Überfalle stattfanden, zieht der Autor das folgende Fazit:... wurde durch Ia eine Liste mit Namen der 364 Leute übergeben, die für ein Sonderunternehmen der SS freigestellt werden sollen.
Es ist müßig, hier weiter ins Detail zu gehen. Sämtliche Zitate und Bewertungen sind ausgiebig mit Fußnoten dokumentiert, die ich hier weggelassen habe. Wer mag, kann im genannten Buch nachlesen, wie differenziert und gründlich ein seriöser Historiker so ein Thema anpackt, und dies mit der von Brutus bemühten apologetischen Prosa vergleichen.Angesichts dieser Vorgänge am 31. August 1939 und ihrer Genesis aber kann es für den unvoreingenommenen Betrachter über die tatsächliche Verantwortlichkeit für die Auslösung des Krieges keine vernünftigen Zweifel mehr geben."
Die Aussagen des Weißbuchs werden von polnischer Seite bestätigt. Der Vorbehalt, daß Informationen veröffentlicht werden, die den eigenen Standpunkt stützen, gilt für alle an einem Konflikt beteiligten Parteien, die Sieger nicht weniger als Nazi-Deutschland. Von daher gibt es nicht den geringsten Grund, den Veröffentlichungen des Auswärtigen Amtes von vorneherein zu mißtrauen.
Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt – verachten aber die Gleichheitslüge und verneigen uns vor den naturgegebenen Rängen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt – verachten aber die Gleichheitslüge und verneigen uns vor den naturgegebenen Rängen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg


Nun ja ... Brutus bezieht sich auf "Polens Kriegsschuld" von Trenkel, und da steht auf Seite 54:
Ich bin wie Brutus und der von ihm zitierte Autor der Ansicht, dass der Krieg schon am 1. September 1939 begonnen hat. Schon gut, ich weiß: Im Zweifelsfall habt ihr alle drei recht, und ich bin eben ein Sprachrohr der Siegerpropaganda.Am 3. September 1939 nach Christi Geburt, am dritten Tage des polnischen Krieges (...)
Ansonsten stimme ich mit Trenkel nicht so sehr überein; er war ein höherer Luftwaffenoffizier und Träger des Eisernen Kreuzes, also wohl das, was man einen bewährten Nazi nennen könnte. Dass er Bücher schreibt, die ihn selbst und seinen Führer eher schmeichelhaft darstellen, liegt nahe. Ganz folgerichtig ist sein Buch im Verlag des überzeugten Nazis Thies Christophersen erschienen.
Da ich schon mal bei der Quellenkritik bin: Die von Brutus ebenfalls zitierte Else Löser hat mittelmäßige, aber dafür sehr aufgeregte Prosa geschrieben. Überprüfbare Tatsachen findet man in ihrem Text so gut wie gar nicht.
Erich Kern, der letzte im Bunde, war ebenfalls ein hoher Nazi-Offizier und hat - menschlich durchaus verständlich - eine ganze Reihe von apologetischen Büchern geschrieben.
Wer sich in Vorurteilen bestärkt sehen möchte, die er sowieso schon hat, wird diese Bücher sicher dankbar lesen. Wer etwas über den wahren Ablauf der Geschichte wissen will, sollte sich lieber an seriöse Autoren halten - und diese Bewertung hängt nicht von irgendwelchen Standpunkten ab, sondern von Kriterien, die sich sehr leicht überprüfen lassen: Etwa, ob ein Autor handwerklich und methodisch sauber arbeitet, ob er seine Quellen ordentlich angibt und getreulich das wiedergibt, was in den Quellen steht, ohne etwas zu verfälschen und zu beschönigen, ob er sich umfassend über schon vorhandene Arbeiten informiert hat, ob er selektiv arbeitet oder nicht, ob er Zitate manipuliert, um ein bestimmtes, schon vorher festgelegtes Ergebnis zu erhalten.
All dies kann man den "Revisionisten" mühelos und immer wieder nachweisen, und genau deshalb werden sie abgelehnt. Nicht weil sie etwas Verbotenes tun oder sagen, sondern weil sie handwerklich minderwertige Arbeit abliefern.
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