Ukraine: ein Land im Bürgerkrieg
Als die ukrainische Bevölkerung gegen seinen despotischen Staatschef Janukowitsch revoltierte und ihn schließlich nach Russland jagen konnte, schien sich das Land auf den Weg "gen Westen" machen zu können.
Aber weit gefehlt: russisch orientierte Bevölkerungsgruppen revoltierten gegen die neue Regierung in Kiew und stürzten das Land in einen Bürgerkrieg, der inzwischen - verdeckt - von Russland nicht nur psychologisch, sondern auch militärisch unterstützt wird.
Im
Februar 2022 anerkannte Russland Luhansk und Donezk als "Volksrepubliken". Damit eskalierte der Konflikt:
Phase 4. Wenige Tage später marschierte das russische Militär in die Ukraine ein: Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Beginn:
Februar 2014, als die Opposition im Land sich gegen den Regierungschef
Viktor Janukowitsch auflehnte.
Ursachen:
In der ersten Phase des Konfliktes ist die Ursache leicht feststellbar: Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung. Dass es in den Folgephasen zu einem europäischen Konflikt kam, hat dagegen vielfältige Ursachen. Auslöser war zunächst der Wunsch der neuen Machthaber in der Ukraine, sich dem Westen anzunähern. Ein Abkommen der EU mit der Ukraine wurde in die Wege geleitet,
ohne vorher Russland mit in das Gespräch einzubinden. Die Ukraine war bislang ein
blockfreier Staat. Die Ukraine hatte sich im Jahr
2010 dem Lager der Blockfreien angeschlossen und gehörte
keinem Militärbund an - weder der NATO noch dem Warschauer Pakt.
Im
Dezember 2014 beschloss das ukrainische Parlament, den Status als blockfreies Land aufzugeben und die Regierung zu beauftragen, "notwendige Kriterien für den Beitritt des Atlantischen Bündnisses zu erfüllen.". Vertreter Russlands kritisierten diesen Schritt, weil er dazu beitrage "das Klima der Konfrontation weiter anzuheizen" (Außenminister Sergej Lawrow). Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezeichnete dies in einer Veröffentlichung auf Facebook sogar als ein Nato-Aufnahmeantrag; dies mache die Ukraine "zu einem potenziellen militärischen Gegner Russlands" (alle Zitate aus HT 2014-12-24).
Ihre Annäherung an die EU – und der Wunsch einer späteren Aufnahme in die NATO – störte das Sicherheitsgefühl Russlands erheblich. Als daraus werden könnte, können Sie unter Folgen lesen.
Phase 1: Auflehnung der Opposition gegen die Regierung
Konfliktparteien und ihre Ziele
• Die Regierung in Kiew unter Viktor Janukowitsch: Machterhalt
• Die außerparlamentarische Opposition, angeführt u. a. von Vitali Klitschko: Machtwechsel und Rückkehr zu der Verfaaung von 2004.
Im Parlament besteht die Opposition aus den drei Fraktionen
"Vaterland", "Udar" und
"Swoboda" und einigen fraktionslosen Abgeordneten.
Verlauf
Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Zuständen in der Ukraine führte zum Erstarken einer
außerparlamentarischen Oppositon. Führer wurden der frühere Boxweltmeister Vitali Klitschko, der auch einen Parlamentssitz inne hatte und ... Gespräche zwischen Opposition und Regierung brachten keine Annäherung.
Auf dem zentralen Platz in Kiew, dem
"Euromaidan", trafen sich außerparlamentarische Oppositionelle, die von Rednern der parlamentarischen Opposition untertsützt wurden. Sie errichteten Barrikaden und kampierten. Im Auftrag der Regierung stürmten am 18. Februar Polizeikräfte den Platz.
Details...
Durch
Vermittlung des deutschen Außenministers
Frank-Walter Steinmeier und seiner Kollegen aus
Polen und Frankreich wurde
Janukowitsch am 21. Februar bewegt, ein
Übergangsabkommen zu unterzeichnen, das Präsidentschaftswahlen bis Jahresende, einer Übergangsregierung und eine Verfassungsreform vorsieht. Das Parlament beschloss die Rückkehr zur Verfassung von 2004.
Am 23. Februar übernahm die Opposition die Macht im Parlament, setzte Janukowitsch ab und veranlasste die Freilassung der 2011 inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Alexander Turtschinow sollte als Übergangspräsident das Land zu Neuwahlen führen. Janukowitsch flüchtete nach Russland. Der russische Präsident Putin gab erst im März 2015 zu, dass alle Maßnahmen vorbereitet hatte, um die Flucht duchzuführen.
Die
Ukraine steht vor einem immensen wirtschaftlichen Problem. Auf
35 Milliarden US-Dollar wird der Bedarf an Finanzmitteln geschätzt. Russland anerkannte die neue Staatsführung nicht. Da die neue Staatsführung mit der EU über ein Assoziierungsabkommen verhandelte, sperrte Russland ihre Hilfszahlungen, weil im Falle einer Annährung an die EU die Ukraine kein "bedeutender Handelspartner" mehr für Russland sein könne.
Phase 2: Annexion der Krim durch Russland
Auf der Halbinsel Krim, dem Standort der russischen Schwarzmeerflotte, gab es zwei widerstreitende Parteien. Eine Volksabstimmung wurde gefordert, die über den Verbleibt der Krim bei der Ukraine beschließen sollte. Viele russlandfreundliche Menschen aber befürworteten einen Anschluss an Russland. Es kam zu
Prügeleien unter ukrainischen und russischen Fahnen. Die Krimtataren, die 1944 von Stalin nach Zentralasien deportiert worden waren, wollen aber keineswegs zu Russland zurück. 1954 hatte Chruschtschow die Krim an die ukrainische Sowjetrepublik "vermacht".
Wie erst im März 2015 bekannt wurde, hat Russlands Präsident Putin nach einer nächtlichen Krisensitzung im Kreml am 23. Februar 2014 gegen 7:00 Uhr morgens befohlen: „Wir sind gezwungen, die Arbeit an der Rückkehr der Krim in den Bestand Russlands zu beginnen.“ Die Krim ist seit Jahrzehnten Sitz der russischen Schwarzmeerflotte. Putin erklärte die Bedeutung der Krim: "Für Russland hat die Krim große zivilisatorische und sakrale Bedeutung. So wie der Tempelberg in Jerusalem für jene, die sich zum Islam oder Judentum bekennen."
Am
27. Februar besetzten 30 bis 100 Menschen
Parlament und
Regierungsgebäude in der Hauptstadt
Simferopol, hissten die russische Fahne und forderten eine
Volksabstimmung über die Zukunft der Autonomen Republik Krim. Sergej Aksjonow wurde zum neuen Regierungschef der Krim gewählt, der umgehend Russland um
Hilfe gegen die "widerrechtliche" Regierung in Kiew bat - für ihn blieb
Janukowitsch gewählter Präsident der Ukraine. In Kiew wurde
Arseni Jazenjuk ohne Wahlen zum neuen Regierungschef bestimmt.
Am
28. Februar wurden auf der Krim 2000 neue Soldaten festgestellt; es handelte sich um fremde Truppen ohne Hoheitsabzeichen; vermutet wurden russische Spezialeinheiten. Die russische Regierung bestritt dies vehement und sprach von "prorussischen Selbstverteidigungskräften."
Die ukrainische Regierung beschwor Russland, die territoriale Integrität der Ukraine - und damit auch der Krim - zu respektieren. Jedoch wurden Truppenbewegungen in Russland Richtung Grenze zur Krim festgestellt. Die russische Militärdoktrin erlaubt den Einsatz russischer Truppen in fremden Ländern zum Schutz "ihrer Bürger, die sich außerhalb der Russischen Föderation aufhalten."
Die EU beschloss wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, wohl wissend, dass auch Russland mit schmerzlichen Maßnahmen antworten könnte, zum Beispiel mit Gaslieferungen über Leitungen, die durch die Ukraine laufen. Das Krim-Parlament beschloss, das Referendum über den Verbleib in der Ukraine vom 30. auf den 16. März vorzuziehen, und bat Russland, eine Aufnahme in die Russische Föderation zu prüfen. Am 11. März erklärte das Krim-Parlament die Krim als unabhängig. Russland begrüßte diese Entscheidung, während die Ukraine und die EU die Abspaltung von der Ukraine für völkerrechtswidrig halten. Die Bevölkerung ist gespalten. (Nach einer UN-Umfrage aus dem Jahr 2012 wollten 40 Prozent der Bevölkerung in der Ukraine verbleiben, 38 Prozent votierten für einen Anschluss an Russland.)
Am
16. März fand das Referendum auf der Krim statt und ergab eine Mehrheit von
93 Prozent für den Beitritt zu Russland. Die Wahlbeteiligung wurde mit
83 Prozent angegeben. Das Referendum wurde von der EU und den USA
nicht anerkannt, während es aus Russlands Sicht dem
Völkerrecht entsprach.
In der
Ost- und
Südukraine gab es
gewaltsame Proteste gegen die Regierung in Kiew. Pro-russische Demonstranten besetzten staatliche Gebäude und hissten russische Flaggen. In Donezk gab es einen Toten, in Charkow zwei. In Odessa, Lugansk, Saporoschje und Dnjepropetrowsk demonstrierten Hunderte für ein
Referendum nach dem
Vorbild der
Krim.
Die EU und die USA verstärkten ihre Sanktionen gegen Russland, unter anderem gab es Einreiseverbote für Spitzenpolitiker der Krim und Sperrung von Auslandskonten. Am 18. März unterzeichnete Putin einen Vertrag mit der Krim und hielt vor den beiden Kammern des russischen Parlaments eine Rede über die "Heimkehr" der Krim, die nun als russisches Gebiet betrachtet wird. Die westlichen Industrieländer sagten das für Juni im russischen Sotschi geplante G8-Gipfeltreffen ab und wollen sich - nun wieder als G7 ohne Russland - in Brüssel treffen.
...
[Links nur für registrierte Nutzer]