Brigadegeneral Dr. Christian Freuding, 16.12.2022
„Nach meiner Auffassung ist Russland gescheitert“
Das Kriegsjahr 2022 neigt sich dem Ende zu. Nach dem ersten Schock über die russische Invasion gewannen die ukrainischen Streitkräfte zuletzt Boden zurück. Aber Russland antwortet mit Angriffen auf die kritische Infrastruktur des Nachbarn. Der Leiter des Sonderstabes Ukraine im Verteidigungsministerium, Brigadegeneral Dr. Christian Freuding, zieht in „Nachgefragt“ Bilanz.
„Nach meiner Auffassung ist Russland gescheitert: Russland ist strategisch gescheitert, Russland ist operativ gescheitert und Russland ist moralisch gescheitert“, sagt der Brigadegeneral zu „Nachgefragt“-Moderatorin, Frau Hauptmann Janet Watson. Der beabsichtigte Regimewechsel in der Ukraine sei misslungen, es gebe unzählige Tote, zudem sei Russland wirtschaftlich und politisch isoliert.
Auch taktisch sei Russland zehn Monate nach dem Überfall auf die Ukraine in der Defensive, so der Leiter des Sonderstabes Ukraine im Verteidigungsministerium. Es sei aber schwer zu prognostizieren, wie lange das kriegerische Potenzial der russischen Streitkräfte noch reichen werde. Russland habe etwa 100.000 Gefallene und zwei- bis dreimal so viele Verwundete zu verzeichnen. Hinzu kämen die enormen Verluste an Kampffahrzeugen. „Die Landstreitkräfte sind in ihrem Potenzial massiv reduziert.“
Dennoch dürfe Russland nicht unterschätzt werden, so Freuding. „Russland hat immer noch ein unglaubliches Reservoir an Material und an Personal.“ Eine weitere Teilmobilmachung sei nicht auszuschließen, auch die Luft- und die Seestreitkräfte seien bisher nur begrenzt in die Kriegshandlungen einbezogen worden. Hinzu komme das nukleare Potenzial Russlands.
Ukrainische Soldaten besser für Winter ausgerüstet
Die ukrainischen Streitkräfte können bei den Kämpfen auf Winterausrüstung aus dem Westen zurückgreifen, während die russischen Soldaten ungeschützt vor Kälte und Nässe mit teils veralteter Ausrüstung kämpfen müssten. Durch die bessere persönliche Ausstattung seien die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten gegenüber ihren Kontrahenten aus Russland im Winterkampf „eindeutig im Vorteil“, so Freuding. Auch Deutschland habe mit einem umfangreichen Winterpaket mit Schutzartikeln und Kleidung dazu beigetragen.
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