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Flaschengeist
Eine recht kühle Analyse der aktuellen Lage im Drohnenkrieg. Die Russen haben ihre Erfolgsmodelle recht geschickt aufgepimpt. So verfügen sie mittlerweile über doppelte Hohlladungsgeschosse um Abwehrmaßnahmen wie Reaktivpanzerung, Käfige usw auszutricksen. Die Zukunft wird wohl im Autonomiegrad und in der Schwarmfähigkeit der Drohnen liegen.
Lancet mit neuen Features
Die Lancet wird kontinuierlich weiterentwickelt, genauso wie die andere, sehr erfolgreiche Kamikazedrohne der russischen Streitkräfte, die ursprünglich aus dem Iran stammende [Links nur für registrierte Nutzer]. Die Geran-2 wurde jüngst durch russische Ingenieure verbessert, davon später mehr.
Die neueste Iteration der überaus erfolgreichen Lancet-Drohne hat eine gesteigerte Reichweite von [Links nur für registrierte Nutzer]. Zudem scheinen Zala-Ingenieure ein Gegenmittel gegen physische Drohnen-Abwehrmaßnahmen gefunden zu haben: An gepanzerten Fahrzeugen werden jetzt häufig Fangnetze, Metallkäfige und Reaktivpanzerungen angebracht.
Maßnahmen gegen Abwehrmaßnahmen
Ein zusätzlich in der Lancet verbautes [Links nur für registrierte Nutzer] erkennt die an dem Zielfahrzeug angebrachten physischen Abwehrmaßnahmen. Diese Fähigkeit der Lancet ist neu. Lidar ist eine dem Radar verwandte Laserscan-Methode. So kann die Drohne die Abwehrmaßnahme erkennen und beim Auftreffen auf den Metallkäfig oder das Fangnetz das verbaute Hohlladungsgeschoss zur Zündung bringen.
Der kegelförmige, konzentrierte [Links nur für registrierte Nutzer] erreicht dann trotzdem das Zielfahrzeug. Gegen eine [Links nur für registrierte Nutzer] hat die neue Lancet zusätzlich eine [Links nur für registrierte Nutzer] verbaut.
Eine Reaktivpanzerung ist eine Art Kachel, die auf der Hülle eines gepanzerten Fahrzeugs angebracht ist. Bei Aufprall eines Geschosses explodiert diese Kachel und schleudert dem Geschoss abgewinkelt eine Metallplatte entgegen, so ähnlich, als würde man mit einer Hand das Geschoss seitlich wegschlagen.
Auf diese Weise kann eine Reaktivpanzerung besonders gut Hohlladungen abwehren, die Bildung des Wirkstrahls wird so weitestgehend neutralisiert.
Dagegen wiederum ist eine Tandemhohlladung wirksam, bei der zwei Hohlladungen hintereinander in einem Gefechtskopf sitzen. Die erste, kleinere Hohlladung neutralisiert die Reaktivpanzerung, während die zweite, größere Ladung ungehindert die Fahrzeugpanzerung penetrieren kann.
Anpassungen an aktuelle Anforderungen
Dabei scheint es so zu sein, dass nicht jede dieser neuen Fähigkeiten als Standard in der Lancet verbaut ist, sondern vielmehr die jeweils ausgelieferte Version auf die Bedürfnisse einzelner Teilstreitkräfte zugeschnitten werden – die Lancet-Produktion scheint also nicht standardisiert zu sein, die Lancet kann auf Armeebedürfnisse angepasst werden.
Schon seit einiger Zeit scheint die Lancet außerdem in der Lage zu sein, aufgeschaltete Ziele selbständig zu bekämpfen, also den Ziel-Endanflug autonom zu bewerkstelligen. Über den Autonomiegrad liegen naturgemäß keine näheren Informationen vor.
Geran-2 Entwicklung
Innovationen gibt es auch bei der ebenfalls massenhaft und sehr erfolgreich eingesetzte Geran-2 Drohne. Noch in der Neujahrsnacht wurde die Ukraine mit der Rekordzahl von 90 Shahed-136/Geran-2 Drohnen angegriffen. Dabei wurde auch das [Links nur für registrierte Nutzer], dass dem [Links nur für registrierte Nutzer] gewidmet ist.
Zählt man die Neujahrsnacht mit, dann konnte nach ukrainischen Angaben Russland im Dezember mindestens 600 Geran-2 gegen das Land zum Einsatz bringen – ein neuer Rekord. Außer an zwei Tagen gab es täglich Geran-2 Einsätze.
Noch im November berichtete [Links nur für registrierte Nutzer] darüber, dass Russland wahrscheinlich 100 Einheiten der Kamikaze-Drohne im neuen Werk in Alabuga herstellen kann.
Diese Information erscheint jetzt als veraltet. Vielleicht ist es Russland gelungen, die Produktion vorzeitig hochzufahren. Eine andere Möglichkeit, wie die hohen Einsatzzahlen der Geran-2 zustande kommen könnten, ist, dass der Iran weiterhin große Stückzahlen der Drohen liefern kann. Es gibt aber Spekulationen darüber, ob der Iran angesichts der Spannungen im Roten Meer seine Hilfslieferungen an Russland [Links nur für registrierte Nutzer].
Die neueste Version der Geran-2 besteht jetzt aus einem neuen, schwarzen [Links nur für registrierte Nutzer]. Das macht die Drohne leichter und erhöht zusätzlich ihre Reichweite. Außerdem ist von einer reduzierten Radarsignatur der neuen Geran-Variante auszugehen. Ältere Modelle bestanden ebenfalls aus Kompositmaterial, hier kam aber noch zusätzlich eine Aluminium-Tragstruktur zur Anwendung.
Zudem gibt es [Links nur für registrierte Nutzer], aber keine Beweise, dass die neue Geran-236 mit Jet-Antrieb über der Ukraine zum Einsatz gekommen ist.
Ukraine versucht sich in Drohnen-Kopien
Zu der Geran-2 gibt es kein westliches Analogon. Zur Lancet gibt es verschiedene, westliche Alternativen, von denen allerdings nur die Switchblade-Drohne in der Ukraine gesichtet wurde.
Diese hat wohl aufgrund der überlegenen, russischen elektronischen Kriegsführung bei Kampfeinsätzen in der Ukraine bisher [Links nur für registrierte Nutzer]. Deshalb wird sie [Links nur für registrierte Nutzer].
Stattdessen gibt es den Versuch der Ukraine, selber eine [Links nur für registrierte Nutzer]. Die Drohne hat noch keinen Namen, soll aber maximal 12.000 Euro kosten.
Angeblich wurde sie, obwohl sie optisch keine Merkmale des Vorbildes aufweist, nach einer eingehenden Analyse der russischen Lancet designt. Sie erreicht mit maximal 50 Kilometern Reichweite nicht die Spezifikationen des Originals und scheint zudem bedeutend leichter zu sein.
Ebenfalls bemüht sich die Ukraine, selber eine Geran-2 Kopie herzustellen, erst kürzlich wurde die Übergabe von neu entwickelten Scythe-Drohnen an die Streitkräfte verkündete, [Links nur für registrierte Nutzer].
Jetzt gibt es mit der Beaver einen weiteren [Links nur für registrierte Nutzer]. Sie soll eine Reichweite von 1.000 Kilometern haben und einen Gefechtskopf von 20 Kilogramm zum Ziel bringen können. Damit entspricht sie allerdings eher der Shahed-131, einer kleineren Variante der Shahed-136. Sie soll seit Juli bereits im Einsatz sein. Produziert wird sie von UkrJet.
Obwohl immer wieder ukrainische Drohnenangriffe auf russische Gebiete verzeichnet werden, scheint die russische Flugabwehr, die deutlich besser ausgebaut und weiterentwickelt ist als die Nato-Flugabwehr, vergleichsweise gut mit den ukrainischen Neuentwicklungen zurechtzukommen, zu einer strategischen Wirkung durch ukrainische Drohnenangriffe kommt es bisher nicht.
Einschätzung
Von Interesse muss die Fähigkeit Russlands sein, vorhandene Rüstungsgüter inkrementell zu verbessern, und das in hoher Geschwindigkeit: Russland adaptiert sehr schnell die Rückmeldungen vom Gefechtsfeld, und das gilt ebenfalls für andere Rüstungssektoren.
Auch vom Volumen her muss der Dezember aufhorchen lassen, denn mit angeblich über 600 zum Einsatz gebrachten Geran-2 setzt Russland neue Maßstäbe. Wie hier bereits mehrfach berichtet, hat Russland seine Industrie erfolgreich auf eine stärkere Produktion von Waffen und Munition umgestellt, was augenscheinlich zu entsprechend hohen Ausstoßmengen geführt hat.
Die Ukraine, Erfinderin der militärisch revolutionären FPV-Drohnen, die Russland kopiert hat, versucht nun ihrerseits, die Erfolge der russischen Geran-2 und Lancet zu kopieren.
Bisher ist ihr das nicht gelungen. Die neuesten, massiven Luftschläge der russischen Armee zielen, neben Einrichtungen zur Luftverteidigung, insbesondere auf die verbliebenen militärischen Produktions-Restkapazitäten ab.
Diese sind aber nach fast zwei Jahren Krieg bereits substanziell ausgeschaltet worden. Möchte die ukrainische Rüstungsindustrie die dringend benötigten hohen Ausstoßzahlen erreichen, so braucht sie dafür entsprechende Fabrikationskapazitäten, also Bauvolumina, Produktionshallen.
Selbst bei einem Fokus auf Dezentralität: In einer Scheune kann man keine hohen Produktionsraten erreichen, hier braucht es große Hallen. Diese sind aber zum einen durch russische Ortskräfte und zum anderen durch die immer besser werdende, russische Luft- und Satellitenaufklärung einsehbar.
Jeden Tag, jede Stunde und jede Minute muss die Ukraine im Abnutzungskampf gegen Russland einen fortwährenden Substanzverlust hinnehmen, der weder vom US-dominierten Westen noch von der ukrainischen Industrie ersetzt werden kann.
Ob es der Ukraine gelingt, in der gebotenen Kürze und unter ständigen Luftangriffen eine Rüstungsindustrie aufzubauen, die ihren Namen verdient, kann bezweifelt werden – auch angesichts der neuen Zielsetzung der russischen Luftkampagne.
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