
Zitat von
Rumpelstilz
Da liegt schon einmal das erste Problem; der zeitliche Abstand.
Mein Vater, nicht Grossvater, wurde im 2. WK fünfmal verwundet, und obwohl er gegen Kriegsende an der Westfront eingesetzt war, waren alle fünf Verwundungen von der Ostfront. Als er dann in Rente ging und zeitgleich der Ostblock kollabierte, hat er dann sogar eine Zeitschrift der russischen Botschaft, abonniert. Ich glaube, diese Zeitschrift hiess Wostok.
Ich fand das schon bemerkenswert. Vorher hat er aber auch schon immer gerne Buchweizen gegessen, was in Westdeutschland auch nicht so populär war. Er trank zwar am liebsten Whisky, aber an zweiter Stelle kam Wodka. Bei seinen Kriegserzählungen sprach er meistens vom "Iwan".
Wenn Du also jetzt etwas von "Grossvätern" erzählst, dann hast Du wohl auch in der Schule kaum noch Kriegsteilnehmer als Lehrer gehabt. Wir hatten alles: Versehrte, Verrückte, "Nazis". Viele von denen wurden auch nach 1968 in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Einer drohte immer recht häufig: "Ich hau Dich an die Wand, dass die rote Sosse spritzt". So drohte er also Schülern. Der war eben wirklich traumatisiert aufgrund seiner langen Gefangenschaft in der UdSSR.
Die meisten Lehrer hatten an der Ostfront gedient. Einer unserer Sportlehrer war bei einer Propagandakompanie gewesen und sehr stolz darauf. Uns machte er gerne zur Sau, weil wir in seinen Augen alles "Pfeifen" waren. Sein Lieblingsausdruck. Auch der Rektor der Schule hatte nur einen Arm. Ebenfalls Ostfront.
Ich kann mich aber auch noch an einen Lehrer erinnern, ebenfalls Ostfront, der sagte einmal diesen Satz bei einem Tumult in der Klasse: "Das ist die innere Auflösung". An diesen Satz erinnere ich mich heute noch, als wäre es gestern. Aus irgendeinem Grunde fand ich das schon damals bemerkenswert und habe es deshalb wohl nie vergessen.
Ich bin zwar eigentlich in keiner Hinsicht irgendwie gläubig, aber manchmal glaube ich schon an eine Vorsehung. Eigentlich im Nachhinein ... Wir hatten ja auch Anfang der 70er Jahre diesen Klassenkameraden, der immer mit diesem Spruch nervte: "Ich verzichte zugunsten armer Negerkinder." Auch das hat sich bewahrheitet.
Die Lage damals, also in der Nachkriegszeit, war also sicher komplizierter und die Schlichtheit des Denkens in diesem Strang kann dieser damaligen Lage nicht Rechnung tragen. Ich hatte ja auch schon einmal vor Jahren diesen Strang erstellt mit wenig Resonanz: [Links nur für registrierte Nutzer].
Das war nun schon zu einer Zeit, wo ich noch gar nicht geboren war. Aber auch später kannte ich Kriegsteilnehmer mit ähnlichen Ansichten.
Kernpunkt 1 war wohl, dass man die Angelsachsen als Anstifter des 2. WK betrachtete und die UdSSR nur als Mitläufer, der es opportun erschien.
Kernpunkt 2 dann wohl auch dieses Zitat: "Wenn der Krieg verloren geht, wird auch das Volk verloren sein."