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derNeue
Wirecard
Nachbetrachtung und Ausblick
Es zeichnet sich durch die Vorgänge der letzten Tage doch immer mehr ab, daß das Asiengeschäft der Firma, bzw. die Tätigkeiten der Vertragspartner, doch mehr oder weniger gefaked sind. 1,9 Milliarden auf div. Treuhandkonten zur Abwicklung der Gechäftstätigkeiten in diesem Bereich, dürften nicht existieren, und damit auch nicht die Tätigkeiten an sich. Das entspräche ungefähr einem Viertel des Bilanzwertes bzw. dem ganzen Eigenkapital der Firma.
Positive Überraschungen zu dieser Frage, im Sinne, daß es doch nicht ganz so schlimm ist, sind zwar weiterhin möglich. Jedoch langsam rundet sich das Bild doch zu dieser Perspektive. Das Opfergehabe der Firma überzeugt immer weniger. Der Vorstand muß in diesem Fall in kriminelle Betrügereien verwickelt gewesen sein.
Damit haben wir den größten Bilanzskandal (nicht aber den größten Kursverfall an einem Tag!) in der Geschichte der DAX-Werte und einen in dieser Hinsicht einmaligen Vorgang. Wirecard rutscht damit auf eine Seriositätsstufe mit einer Firma wie Luckin coffee, die übrigens eine ganz ähnliche Geschichte durchgemacht hat
(mit wesentlich schlimmeren Folgen für den Aktienkurs).
Warum Wirtschaftsprüfer E&Y nicht schon früher darauf gekommen ist- immerhin prüfen sie die Bücher bereits seit 2016- wird zu klären sein und könnte zu Folgen für die Prüfer führen.
Da WDI bis gestern keinen Jahresabschlußbericht 2019 vorlegen konnte, besteht die Gefahr, daß Banken ihre Kredite fällig stellen und eine Zahlungsunfähigkeit mit folgender Insolvenz droht. Entsprechend hat die emittierte Anleihe auch bereits 75% ihres Wertes verloren. Allerdings dürfte es sehr unwahrscheinlich sein, daß dieser Fall tatsächlich eintritt. Eine profitable Firma wird sich refinanzieren können und auch die letzten Ereignisse sprechen dafür, daß solche Planungen bereits laufen. So hat man gestern die Investmentbank Houlihan Lokey aus Los Angeles, die auch in Deutschland aktiv ist, engagiert, um die Verhandlungen mit dem kreditgebenden Bankenkonsortium zu führen.
Außerdem sind bereits Köpfe gerollt. M. Braun mußte gehen, was unvermeidlich war. Was jetzt kommen wird, ist eine grundsätzliche Neustrukturierung.Die Hälfte des Geschäftes ist werthaltig und seriös. Die andere Hälfte, das Drittpartnergeschäft, wird komplett wegfallen.
Eine Gefahr besteht dabei allerdings: wenn Großkunden (wie z.B. Aldi) in Europa wegen des Vertrauensverlustes abspringen und damit das Kerngeschäft von wirecard wegbricht.
Auf die Hälfte der Größe gerechnet mit sauberen Zahlen und durchschaubarer Bilanz wäre der aktuelle Aktienkurs bei ca. 25 Euro außerordentlich günstig, verglichen mit den Wettbewerbern. Aber die Risiken bestehen natürlich derzeit noch.
Einsteigen jetzt: noch nicht. Drinbleiben, wer mit Verlust investiert ist (wie ich): möglich. Meine ursprünglichen Kursziele von mehreren hundert Euro, vor diesem nicht vorherzusehenden Skandal sind immer noch erreichbar. Nur eben mit entsprechender zeitlicher Verzögerung. Es bestehen nur Stand heute erhebliche Zusatzrisiken, die vor einer Woche niemand vorhersehen konnte.
Eignet sich Wirecard jetzt für einen Zock, so etwa wir bei Luckin coffe? (da hatte sich meine Zockerposition in einer ähnlichen Situation innerhalb von einer Woche fast verdreifacht):
Nein: eine kleine Firma, deren Aktie nahe auf das Pennystockniveau gefallen ist, kann sich schnell mal verdreifachen. Volatiltäten von 300% sind da nichts besonderes. Eine 25-Euro Aktie wird das auf diesem Niveau nicht tun. Wirecard müßte erst selber zum Pennystock werden, und das wird wohl nicht passieren.
Mein Rat für die Nicht-Investierten Interessenten:
abwarten, bis bis sich die "black box" wirecard öffnet. Wenn dann klar ist, ob und auf welchem Niveau es weiter geht, wenn die die Zahlen des "Restwertes" wirecard geprüft und durchsichtig sind, die Großkunden mehrheitlich bei der Stange bleiben, dann wird wahrscheinlich der Kurs schon um einiges höher stehen. Dann aber kann man einsteigen. Heute gilt (für mich): zocken lohnt nicht, investieren ist zu riskant.