Gastbeitrag von Gabor Steingart
Spahn über die Wucht der Pandemie in Deutschland: "Der schwere Teil kommt noch"
...
Am Nachmittag dieses denkwürdigen Tages treffe ich Spahn in seinem Ministerium für unser Podcast-Interview . Die nahezu zweistündige Schaltkonferenz mit der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten liegt hinter ihm, der Video-Austausch mit den Landesgesundheitsministern wird gleich beginnen. Der 39-Jährige wirkt müde und konzentriert zugleich. Er ist besorgt und klar, kämpferisch und demütig. Das einst Nassforsche des Aufsteigers ist einer neuen Nachdenklichkeit gewichen.
…
Er spürt die Wucht einer globalen Pandemie, die nicht zur Begrenztheit seiner politischen Mittel passen will. Als ihm das Wort „demütig“ zur Beschreibung seiner Seelenlage angeboten wird, weist er es nicht von sich, sondern greift zu:
„Zu sehen, worauf wir hier in Deutschland aufbauen können: Testkapazitäten, Intensivbetten, Fachkräfte, die wirtschaftliche sowie die Haushaltslage, die Unternehmen im Land, ob klein oder groß, die mit anpacken, aber auch die Konzerne. Das macht mich dankbar, aber auch demütig.“
Er kann jetzt unmöglich triumphieren.
...
Die geteilte Macht mit den Ministerpräsidenten zehrt einerseits an den Kräften, andererseits nimmt sie ihm Last von seinen Schultern. Der Föderalismus ist jetzt nicht sein Gegner, sondern die Hand, die ihm hilft: …
Natürlich ist es ihm – der im Jahr 1995 als Teenager in die Junge Union eintrat – nicht ganz geheuer in welchem Tempo und mit welcher Radikalität die Bürgerrechte eingeschränkt und zum Teil aufgehoben wurden. …
Er sagt, wie zu sich selbst:
„Ich habe, wie viele Bürger auch, erst einmal ein paar Tage gebraucht, um zu verarbeiten, was da gerade passiert. …
Die Ausgangslage im Kampf gegen das Virus sei schwierig, aber keineswegs hoffnungslos, auch deshalb nicht, weil man die Vorwarnzeit in Deutschland genutzt habe:
…
st er bei sich, in diesen Tagen? Verspürt er den brennenden Ehrgeiz auf mehr Verantwortung oder ist er womöglich froh, jetzt nicht auf dem Stuhl des Bundeskanzlers zu sitzen?
„Der schwerere Teil in dieser Krise kommt noch. Insofern bin ich jetzt erst einmal damit beschäftigt. Ich bin bei mir. Es ist eine herausfordernde Zeit. Das schon. Aber ich sehe die Chance, einen Unterschied zu machen.“
Fazit: Derzeit ist kein Fazit möglich. Geschichte wird gemacht. Der Minister kämpft, auch darum, dass dieses Kapitel nicht das düsterste unserer Nachkriegsgeschichte wird.