NDR 07.06.2023
Air Defender 2023: Was die Luftwaffen-Übung für den Norden bedeutet
Es soll nach Angaben der Bundeswehr die
größte Luftoperationsübung seit Bestehen der NATO sein. Vom 12. bis 23. Juni 2023 trainieren Tausende Soldaten unter Führung der Luftwaffe in und über Deutschland. Doch was bedeutet das für die Menschen in den betroffenen Regionen?
Laut Bundeswehr werden insgesamt
10.000 Menschen aus
25 Nationen mit etwa
250 Flugzeugen an der Übung teilnehmen - unter anderem
Kampf-, Transport- und
Betankungsflugzeuge. Sie sollen die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und deren Streitkräften trainieren, verbessern und ausbauen. Insgesamt sind
20 verschiedene Flugzeugtypen angekündigt, zum Beispiel
Eurofighter, F-35-Jets und
A-10-Jagdbomber.
Allein etwa
100 Flugzeuge kommen aus den
USA und werden während der Übung nach
Europa verlegt. Das würde nach Angaben der Luftwaffe auch im
Bündnisfall zuerst passieren - also dann, wenn ein NATO-Mitgliedsland in Europa angegriffen werden würde.
"Air Defender 2023 demonstriert, dass die alliierten Luftstreitkräfte das Bündnisgebiet jederzeit schlagkräftig verteidigen können",
heißt es in einer Mitteilung der Luftwaffe. Die ersten Flugzeuge aus den USA wurden*Ende Mai nach Deutschland verlegt.
Von wo aus starten die Flugzeuge?
Die Hauptstandorte der Übung sind laut Bundeswehr die Flugplätze Schleswig-Jagel, Hohn (beide Schleswig-Holstein), Wunstorf (Niedersachsen) und Lechfeld (Bayern). In diesen Gebieten müssen Anwohner mit deutlich mehr Starts und Landungen rechnen als normalerweise. Eingebunden sind auch die Standorte Laage (Mecklenburg-Vorpommern), Spangdahlem (Rheinland-Pfalz), Volkel (Niederlande) und Čáslav (Tschechien). "Die Bundeswehr ist bestrebt, die Belastungen für die Bevölkerung und den zivilen Luftverkehr so gering wie möglich zu halten", heißt es in einem Schreiben an die Luftsportverbände. "Gänzlich wird sich dies aber nicht vermeiden lassen."
Wo finden die Manöver statt?
Es gibt
drei Übungslufträume über Deutschland: Das
Übungsgebiet Nord erstreckt sich über Teile von Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen. Eingeschlossen sind auch die Lufträume über der Kieler Bucht in der Ostsee und über der Nordsee. Das
Übungsgebiet Ost reicht von der Ostsee über weite Teile von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen. Das
Übungsgebiet Süd liegt über Schwaben in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. "Um den Flugbetrieb möglichst gleichmäßig zu verteilen, haben wir die Übung auf Übungslufträume in Nord-, Nordost- und Südwestdeutschland aufgeteilt. Insbesondere die Nutzung von Nord- und Ostseegebieten entlastet die Übungslufträume über bewohnten Gebieten", heißt es von der Bundeswehr.
Wann wird geübt?
Es soll über Deutschland drei große Übungen pro Tag geben - mit jeweils 40 bis 80 beteiligten Flugzeugen. Etwa 250 Starts sind täglich geplant. Die Übungsgebiete rotieren im Tagesverlauf, so dass im Osten (10 bis 14 Uhr), Süden (13 bis 17 Uhr) und Norden (16 bis 20 Uhr) jeweils etwa einige Stunden lang verstärkter Betrieb zu erwarten ist. Nachts und am Wochenende ist laut Bundeswehr kein Übungsflugbetrieb geplant. Das heißt aber nicht, dass es in diesen Zeiträumen ruhig sein wird. Der reguläre Flugbetrieb - abseits der Übungen - geht weiter.
Was wird bei den Manövern gemacht?
Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Die Luftwaffe teilt dazu mit: "Air Defender 2023 soll als forderndes Übungsszenario mit Luftkriegsoperationen für befreundete und verbündete Luftstreitkräfte dienen." Ziel werde es sein, die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und deren Streitkräften zu optimieren und zu auszubauen. "Dabei entspringt dieses Vorhaben einer reinen verteidigenden Trainingsabsicht. Die Reaktionsfähigkeit und die gemeinsame Stärke in der Luft sollen trainiert und demonstriert werden", heißt es von der Luftwaffe. Trainiert wird auch, unterschiedliche Kampfjets an Standorten zu versorgen, an denen diese Modelle sonst nicht beheimatet sind.
Wird der zivile Flugverkehr beeinträchtigt?
Die Deutsche Flugsicherung (DFS) erwartet "große Auswirkungen auf die zivile Luftfahrt". Da für das Militär große Lufträume reserviert werden, steht dem zivilen Flugverkehr weniger Raum zur Verfügung. "Um den Verkehr im verbleibenden Luftraum sicher führen zu können, werden sogenannte Steuerungsmaßnahmen notwendig sein. Unsere zivilen Kunden müssen also mit verlängerten Flugwegen und voraussichtlich erheblichem Delay rechnen", sagte eine DFS-Sprecherin dem NDR. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft schreibt auf Anfrage des NDR: "Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs werden wohl nicht vermieden werden können, aber es sollen die Auswirkungen der militärischen Übung auf den ohnehin hoch belasteten deutschen Luftraum reduziert werden."
Was bedeutet das für Flugreisende?
Nach der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung können Reisende nur bei kurzfristig mitgeteilten Annullierungen oder Verspätungen eine pauschale Entschädigung von der Fluggesellschaft fordern. Als kurzfristig gilt ein Zeitraum von weniger als 14 Tagen vor dem planmäßigen Abflug. Wenn Änderungen frühzeitig angekündigt werden, gibt es keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Auch bei "außergewöhnlichen Umständen" ist die Fluggesellschaft nicht zu einer Entschädigung verpflichtet. Auf die Übung dürfte dies nach Einschätzung von Juristen zutreffen. Reisende, auf deren Verbindung sich das Großmanöver auswirkt, können aber ihren Flug auf einen späteren Termin umbuchen oder ihr Ticket stornieren und sich den Kaufpreis erstatten lassen.
Bleibt es beim Nachtflugverbot an den Flughäfen?
Das Bundesverkehrsministerium hat die Bundesländer gebeten, Nachtflugverbote während der Übung zu lockern, damit Maschinen, die von Luftraumsperrungen betroffen sind, auch später starten und landen dürfen. Am Hamburger Flughafen wird das geltende Start- und Landeverbot zwischen 23 und 6 Uhr voraussichtlich aufgeweicht. Man halte es für sinnvoll und geboten, mit einer Ausweitung der Flugzeiten auf die außergewöhnlichen Umstände zu reagieren, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Der Flughafen in Hannover läuft ohnehin im 24-Stunden-Betrieb. Auch in Bremen gibt es kein generelles Nachtflugverbot. Baden-Württemberg weitet die Betriebszeit des Stuttgarter Flughafens für den Zeitraum des Manövers bis 2 Uhr nachts aus. In Hessen sollen am Flughafen Frankfurt ausnahmsweise Spätstarts bis 24 Uhr genehmigt werden. In Düsseldorf wird das Nachtflugverbot wahrscheinlich vorübergehend ausgesetzt.
Dürfen Drohnen und Modelle gestartet werden?
Laut Bundeswehr sind in den Übungsgebieten mit Ausnahme der an der Übung beteiligten Luftfahrzeuge alle Flüge untersagt - einschließlich des Betriebs von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen. Von den Flugbeschränkungen ausgenommen sind Flugzeuge des Bundes und der Polizei, Rettungshubschrauber, Ambulanzflüge und Flüge nach Instrumentenflugregeln nach vorheriger Genehmigung durch die zuständige Flugverkehrskontrollstelle.
Karte: Flugverbotszonen über Deutschland
In den drei Übungslufträumen werden bestimmte Flughöhen in festgelegten Zeiträumen für den zivilen Flugverkehr gesperrt.
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Karte: Diese Länder nehmen teil
Insgesamt beteiligen sich 25 Nationen an der Übung. Viele davon werden Flugzeuge und Soldaten nach Deutschland verlegen, andere starten von heimischen Flugplätzen aus.
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Quelle:
https://www.ndr.de/nachrichten/schle...fender100.html