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Meine Damen und Herren, Europa muss auch aus sehr eigenem Interesse eine Partnerschaft mit Russland wollen. Die europäische Währungs- und Wirtschaftskrise, die damit verbunden auch eine politische Krise ist, ist bei weitem nicht überwunden. Die europäische Wirtschaft befindet sich in einer Umbruchsituation, die von großen Unsicherheiten geprägt ist. Die gemeinsame Währung ist nur oberflächlich stabilisiert, da die Basis für eine Währungsunion – eine koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik – noch geschaffen werden muss. Zudem müssen wir uns mit einer sich verändernden globalen Situation auseinandersetzen. Wir sehen, dass in Asien dynamische Industriestaaten aufsteigen, allen voran China.
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In Asien wollen und werden sich die USA wirtschaftlich, diplomatisch und militärisch stärker engagieren. Und in der Folge in Europa weniger.
In dieser Situation sollten wir uns Europäer fragen, ob es sinnvoll ist, wenn sich Russland von Europa wegbewegt. Denn es gibt eine Alternative für Russland: Wir sehen den Aufbau multilateraler Strukturen in der eurasischen Region und von chinesisch-russischen Energiepartnerschaften.
Das alles muss für uns Europäer noch keine gefährliche Entwicklung sein. Im Gegenteil: Alles, was zur Stabilisierung dieser Region beiträgt, ist gut für Frieden und Entwicklung im globalen Kontext. Aber wir Europäer sollten darauf achten, dass die Balance gewahrt bleibt, dass wir eine tiefere ökonomische und politische Verflechtung zu Russland herstellen.
Eine politische Verflechtung brauchen wir, weil wir uns über zwei Dinge im Klaren sein sollten. Zum einen ist es eine Illusion zu glauben, dass Russland international isoliert ist oder zu isolieren sei. Russland ist Atommacht und als Ständiges Mitglied eine von fünf Vetomächten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Zum anderen: Bei der Lösung aller großen internationalen Herausforderungen brauchen wir Russland. Und diese Herausforderungen betreffen und bedrohen uns Europäer sehr konkret.
Wer einen Blick auf die Weltkarte wirft, wird feststellen, dass sich um Europa herum ein Korridor der Instabilität und Unsicherheit gebildet hat, vom nördlichen Afrika, über den Nahen und Mittleren Osten, den Kaukasus bis hin an die Ostgrenze der Europäischen Union. Das ist, man darf das durchaus kritisch anmerken, nicht nur, aber auch eine Folge der Politik des Westens. Hier sei nur als Stichpunkt der Irak genannt.
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