Zitat:
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Mitte Februar 1945 halten sich insgesamt etwa 950 000 Menschen in der Stadt auf, unter ihnen viele Soldaten auf dem Weg an die nahe Ostfront und rund 200 000 Flüchtlinge, die vor den anrückenden Russen nach Westen zu entkommen versuchen.
Alle Bahnhöfe sind mit Menschen verstopft, die darauf warten, einen Zug nach irgendwo zu erreichen. Die Straßen sind mit Trecks überfüllt, Zehntausende lagern in Nässe und Kälte im Freien, wo immer sie einen Platz ergattern können - auf den Elbwiesen, im Großen Garten in der City.
Die Stadt ist völlig schutzlos, die Flugabwehr längst zum Erdkampf an der Ostfront abgezogen. Keine einzige Bombe ist bislang auf Dresden gefallen.
Am 14. Februar 1945 zwischen 22.09 Uhr und 0.55 Uhr bricht die Katastrophe auch über das bislang verschonte Elb-Florenz herein. 800 britische Bomber werfen in zwei Wellen 400 000 Brand- und 4500 Sprengbomben fächerförmig auf die Stadt.
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Den völlig überforderten Feuerwehrleuten bieten sich, wo immer sie helfen und retten wollen, grauenhafte Bilder. Die durch Bomben und zahllose Brände zusammenstürzenden Straßenzüge versperren Abertausenden, die in Kellern Schutz gesucht haben, den Fluchtweg ins Freie. Sie kommen qualvoll in der Flammenhölle um. Ähnlich wie im Juli 1943 in Hamburg erhebt sich ein Feuersturm, dessen Sog ebenfalls viele Flüchtende ins Verderben reißt.
Die zweite Angriffswelle richtet unter den Menschenmassen auf den Elbwiesen und im Großen Garten ein unvorstellbares Massaker an. Am nächsten Mittag schließlich vollenden 311 amerikanische Bomber das Vernichtungswerk.
Die genaue oder auch nur annähernde Zahl der Toten von Dresden wurde nie festgestellt. Die Helfer finden ganze Keller voller Leichen, in anderen sind die Menschen zu weißer Asche zerglüht, in den Feuerschutzteichen treiben Ertrunkene, Straßen und Plätze sind übersät mit zerfetzten Leibern.
"Nie habe ich geglaubt", so schildert der Studienrat Hanns Voigt, Leiter der Abteilung Tote in der Dresdner Vermisstenzentrale, seine schrecklichen Eindrücke, "dass der Tod in so verschiedener Form an den Menschen herantreten kann, nie habe ich für möglich gehalten, dass der Tote in so vielen Gestalten den Gräbern übergeben werden könnte: Verbrannte, Verkohlte, Zerstückelte; scheinbar friedlich schlafend, schmerzverzerrt, völlig verkrampft, gekleidet, nackt und als ein kümmerliches Häufchen Asche. Und über allem der beizende Rauch und der unerträgliche Verwesungsgeruch."
Jahrelang nach dem Krieg grassierten über die Zahl der Opfer horrende Zahlen - bis zu 200 000 wurden geschätzt. Nach dem heutigen Stand der Forschung sind 35 000 bis 40 000 Tote realistisch - so viele, wie in Hamburg der "Operation Gomorrha" zum Opfer fielen. Doch in Hamburg brauchten die Briten dafür vier Nächte.
18 000 Tote des Infernos von Dresden werden in Massengräbern beigesetzt, 6865 auf dem Altmarkt verbrannt. Fast 50 Jahre lang bilden die Trümmer der Frauenkirche das mahnende Wahrzeichen der Stadt.
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Militärisch machte die Auslöschung Dresdens überhaupt keinen Sinn, es ging Briten und Amerikanern nur noch um eine Demonstration ihrer totalen Macht. Der Labour-Politiker Richard Crossman schrieb acht Jahre danach: "Die Zerstörung von Dresden war eines jener Verbrechen gegen die Menschlichkeit, deren Urheber in Nürnberg unter Anklage gestellt worden wären, wenn jener Gerichtshof nicht in ein bloßes Instrument alliierter Rache pervertiert worden wäre."
Mit Dresden schienen alle Dämme gebrochen. In den Schlussmonaten des Krieges steigern sich die alliierten Bomber in einen wahren Vernichtungsrausch - Chemnitz, Würzburg, Hildesheim, Nordhausen, Potsdam sinken noch kurz vor der Kapitulation in Schutt und Asche. Dazu zahlreiche Klein- und Mittelstädte.
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Als alles vorbei war, zählten die Überlebenden auf deutscher Seite mindestens 450 000 Tote des Bombenkriegs, nach anderen Schätzungen können es auch 600 000 gewesen sein.
Die Letzten traf es, tragischer Irrtum, am 3. Mai 1945. In den frühen Morgenstunden versenkte die Royal Air Force in der Lübecker Bucht zwei Transportschiffe, an Bord angeblich Tausende deutscher Soldaten. Auf der "Cap Arcona" und der "Thielbeck" kamen 7200 Männer und Frauen um - 6900 von ihnen waren Häftlinge aus Konzentrationslagern der Nazis.