Die Zeit / 27. Januar 2018
Vermögensverteilung
Feudale USA
In kaum einem Land ist Vermögen so ungleich verteilt wie in den USA. Auch unter Donald Trump hat sich daran nichts geändert. Ist das Land auf dem Weg in den Feudalismus?
Ein Prozent der
Amerikaner besitzt mehr als
40 Prozent des gesamten
Vermögens.
Donald Trump ist im US-Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten, den Sumpf in Washington trockenzulegen
("drain the swamp"). Sein Slogan richtete sich vor allem gegen das
mächtige politische Establishment und den großen Einfluss der Lobbyisten in Washington. Sieht man sich ein gutes Jahr später Trumps Kabinett an, muss man feststellen: Seine Regierung gehört zu einer der reichsten in der amerikanischen Geschichte. Neben zwei Milliardären sitzen 13 Vermögensmillionäre in seinem Kabinett.
Angesichts dessen muss man sich die Frage stellen:
Wie verkrustet ist das politische System in den USA?
Ist das Land bereits auf dem Weg in den Feudalismus, wie es manch ein deutscher Kommentator behauptet?
Was kann gegen diese Entwicklung getan werden?
In den
USA ist die
Vermögenskonzentration so hoch wie in kaum einem anderen Land auf der Welt. Nach einer langen Periode sinkender Ungleichheit steigt sie seit 1980 laut Thomas
Pikettys World Inequality Report wieder stetig an und nähert sich dem
Vorkriegsniveau.
Ein Prozent der Bevölkerung besitzt fast
42 Prozent des
gesamten Vermögens. Damit einher geht eine wachsende Politikverdrossenheit:
Die Akzeptanz des US-Parlaments ist laut Umfragen des renommierten Gallup Instituts so niedrig wie noch nie in der Geschichte der USA.
Aber besteht zwischen beiden Entwicklungen wirklich ein direkter Zusammenhang? Unter Bill Clinton waren die Bürger mit der Arbeit des Kongresses deutlich zufriedener, während die Vermögenskonzentration ebenso wie unter Barack Obama wuchs. Auch in Obamas Kabinett war die Handelsministerin Milliardärin. Der Ökonom Lawrence Summers, im zweiten Clinton-Kabinett Finanzminister und im ersten Kabinett von Barack Obama oberster Wirtschaftsberater des Präsidenten, war maßgeblich für die Finanzmarktliberalisierung in den USA verantwortlich. Auch er ist zweistelliger Vermögensmillionär.
Generell wissen wir
wenig über den Zusammenhang zwischen der
Verteilung von
Vermögen und der Frage, wie
gut demokratische Institutionen in einem Land funktionieren.
Im Gegenteil: Ein erster, einfacher Blick auf die Daten ergibt allenfalls einen sehr schwachen Zusammenhang.
In
Dänemark, ein aus deutscher Perspektive skandinavisches Gleichheitsparadies, ist die Vermögensverteilung ähnlich
ungleich wie in den
USA. Gleichzeitig gehört das politische System zu einem der besten der Welt, gemessen am Rule of Law Index des World Justice Projects und dem Corruption Perception Index von Transparancy International. Ähnliches lässt sich für die
Schweiz wie auch, in etwas abgemilderter Form, über
Schweden sagen. In
Schweden ist die Vermögensverteilung aber deutlich
ungleicher als in Deutschland. Umgekehrt gibt es Länder, wie etwa
Rumänien, China oder
Weißrussland, die zumindest
statistisch eine
geringe Vermögenskonzentration aufweisen, aber nicht gerade als lupenreine Demokratien angesehen werden können.
Japan wäre dagegen ein Land, das in das vermutete Schema passt:
geringe Vermögenskonzentration und
hervorragende politische Institutionen.
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https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-...mp-feudalismus