Der erste Satz on op. 20, No. 4 ist ein Muster an thematischer Ökonomie, indem die „geheimnisvoll anklopfenden“ Töne des Hauptthemas, wie sie Georg Feder nannte, immer wieder von Neuem ansetzen und melodisch anders fortgeführt werden. Alle diese unterschiedlichen Phrasen bestehen aber aus sechs Takten und runden sich zur asymmetrisch-symmetrischen Einheit. Kräftige Triolen bilden das Gegengewicht in diesem subtilen Spiel mit der unregelmäßigen Periode.
Zur Heiterkeit des Kopfsatzes kontrastieren die Variationen des zweiten Satzes durch ihr ernstes d-Moll-Thema. Es wird im vierstimmigen Satz affettuoso, also affektvoll vorgetragen und nach drei Variationen in einen träumerisch-verhangenen Sotto-Voce-Klang getaucht.
Das Menuett reißt diesen melancholischen Schleier rasch wieder ab. Was seine Überschrift
Alla zingarese an Zigeunerischem erwarten lässt, löst es durch hartnäckig verschobenen Rhythmus ein: Erste Geige und Cello musizieren eigentlich im Zweier- statt im Dreiertakt und spielen noch dazu um ein Viertel gegeneinander verschoben.
Die Regel, daß Menuette wie Ländler und Walzer im Dreiertakt gehen, wird von Haydn über den Haufen geschmissen. Es gab mal Zeiten, man möchte es nicht glauben, da brachte es Beifall und Einnahmen, wenn jemand in geistvoller und provozierender Weise geltende Regeln verletzt.
Ein Musiktheoretiker sah darin ein klassisches Beispiel für imbroglio, musikalisches Verwirrspiel. Das Trio enthält ein kräftiges, ungarisch-tänzerisches Cellosolo. Mit Effekten aus der Zigeunermusik ist auch das Finale gespickt, das seinem scherzenden Tonfall (Presto e Scherzando) keine Pointe schuldig bleibt.
Streichquartett D-Dur, op. 20,4 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz