Merkur.de / 27.06.2024
F-16 eine „Primadonna“: Besondere Gefahr droht in der Ukraine - Putin könnte Schwäche nutzen
Schrundiges Pflaster hasst sie, in ihr fließt Gift, und sie schluckt gern Krümel vom Beton:
Die F-16 ist ein Traum in der Luft und ein Biest am Boden.
Kiew – „Was auf den ersten Blick nach einem ,öden‘ Thema klingt, ist bei genauerer Betrachtung eine Kunst für sich“, schreibt Steve Reutter. Der Autor der Bundeswehr spricht vom
Aufbau von Start- und Landebahnen für
Kampfjets.
Im Ukraine-Krieg ist dieses Thema tatsächlich hochbrisant. Was sich bereits der US-amerikanische Abrams M1A1-Panzer in der Ukraine erworben hat, wird auch seinem Waffenbruder in der Luft angehaftet:
Dem F-16-Kampfjet attestieren ehemalige Piloten, eine Diva zu sein. Das Magazin Politico hatte bereits im Februar dieses Jahres gewarnt.
Jetzt tickt der Countdown der Lieferung der F-16, und die Fragen werden immer drängender:
Wo sollen die Vögel stehen, um vor Russlands Aufklärung unsichtbar zu bleiben, und, genauso wichtig: Kommen die Maschinen auf den löchrigen Pisten in der Ukraine überhaupt auf genug Schub, um abzuheben?
Tom Richter ist höchst skeptisch. Die US-amerikanische
F-16 sei im Vergleich zu den
MiG und
Suchoi-Jets der ehemaligen Sowjet-Armeen
„ein empfindliches Biest“, wie er urteilt. Mit Richter zitiert Politico einen ehemaligen Marineflieger, der die F-16 für die Nationalgarde gesteuert hat. Er hält sein ehemaliges Arbeitsgerät wortwörtlich für eine
„Primadonna“.
„Diese Sorgfalt werde auch darin bestehen, Teams mit Dichtungsmasse einzusetzen, um Risse und Spalten oder unebenen Beton auf Start- und Landebahnen möglichst nah an der Frontlinie abzudichten, um zu vermeiden, dass aus nur wenigen gut gepflegten Standorten ein offensichtliches Ziel wird.“
(Justin Bronk (RUSI) gegenüber Politico)
Schwierige Bedingungen für die F-16 – doch der Ukraine könnte sie die Wende bringen
Die Ausbildung der Piloten ist schon komplex, und die Bedingungen in der Ukraine sind wahrscheinlich andere als die, für die sie konstruiert worden ist – ähnlich dem Abrams.
„Während F-16, F-15, Typhoons, Rafales und viele andere westliche Jets aufgrund von Trümmern auf der Landebahn einen tragischen Triebwerksausfall erleiden können, können die sowjetischen Jets aufgrund der Konstruktion der Triebwerke einfach auf einer unebenen Landebahn starten“,
schreibt der Nutzer „Johannes Egnag“ im Diskussionsforum Quora.
Der Nutzer stellt sich vor als Luft- und Raumfahrtingenieur im Luftfahrtkonzern Bae Systems und attestiert Kampfjets grundsätzlich eine höhere Belastbarkeit als Verkehrs- oder Frachtmaschinen; das läge zum Teil an deren geringeren Größe und Gewicht und den Aufgaben, für die sie konstruiert seien Die
schwedische Gripen beispielsweise hält er für hart im Nehmen, viele
sowjetische Jets wie die
MiG-29 oder die
Su-25 ohnehin.
Autobahn-Notlandeplatz – an der nächsten Ausfahrt: Landen
Die
Autobahn galt während des Kalten Krieges als
„militärische Infrastruktur“; nicht nur für die Verlegung von Bodentruppen, gepanzerten Verbänden oder für die Logistik, sondern auch für die Luftwaffe.
Ein typischer Autobahn-Notlandeplatz bestand aus einem
geraden Abschnitt der Autobahn von 1500 bis 3500 Metern Länge, der mindestens 23 Meter breit war, später sogar 30 Meter. Der Mittelstreifen war durchbetoniert, und die sogenannte Europa-Leitplanke zwischen den Richtungsfahrbahnen war nicht verschraubt, sondern mit einer Schnellbefestigung versehen, sodass sie in kürzester Zeit demontiert werden konnte. Die Haltepfosten waren nicht einbetoniert, sondern nur gesteckt. An den Enden der Piste gab es jeweils einen Parkplatz, der als Abstellfläche für sechs bis zehn Flugzeuge gedacht war. Diese Flächen hatten eine vom sonstigen Parkplatz-Standard abweichende Form und zusätzliche Rollwege zur Piste, die in Friedenszeiten wiederum mit Leitplanken verschlossen waren.
Fast immer gab es Zuwege, sodass diese Bereiche auch von außerhalb der Piste über Verbindungsstraßen erreichbar waren. Die Aktivierung hätte, von der Alarmierung bis zur Einsatzbereitschaft, 24 Stunden in Anspruch genommen.
Hierzu hätte neben der Entfernung der Leitplanken die Aufstellung von Landebahnbeleuchtung, mobilem Tower, Radar- und Funktechnik, die Anbringung von provisorischen Landebahnmarkierungen, die Aufstellung von Nachschub für Kerosin und Munition, die Verlegung von insgesamt rund 40 Kilometern Kabel und vieles mehr gehört.
(Quelle: Thomas Skiba / bundeswehr.de)
https://www.merkur.de/politik/usa-bi...-93149245.html