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Woher sollen die Fighter für die Ukraine kommen? - „Kampfjet-Spende“ der EU
Bis zu 70 Kampfflugzeuge sollen die Ukrainer aus Beständen von EU-Staaten erhalten. Und zwar nicht in einem Jahr, nicht in sechs Monaten – sondern sofort. Das zumindest hieß es am Sonntag aus ukrainischen Regierungskreisen. Die Fighter seien Teil der militärischen Unterstützung, die der Ukraine von Seiten der Europäischen Union im Kampf gegen Russland zukommen soll. Tatsächlich hatte Josep Borrell, Vizepräsident der EU-Kommission, am Wochenende erklärt, die zugesagten Waffenlieferungen der EU sollen "sogar Kampfjets" umfassen. Allerdings sind Kampfjets naturgemäß etwas schwerer zu bedienen als ein Maschinengewehr. Um ein neues Muster zu beherrschen bedarf es einer sorgfältigen, langwierigen Ausbildung. Dafür fehlt jetzt, mitten im Krieg, aber die Zeit. Der Kreis der als "Spende" in Frage kommenden Flugzeugtypen ist deshalb entsprechend klein – und beschränkt sich maßgeblich auf Muster, die bei der ukrainischen Luftwaffe bereits im Einsatz stehen. Sprich: Flugzeuge aus Sowjetzeiten, von denen auch heutige NATO-Staaten wie Polen, die Slowakei, Bulgarien oder Ungarn noch einige besitzen.
MiG-29 und Su-25
Genau diese Flugzeuge hat man in der Ukraine offenbar auch im Auge. So twitterte das ukrainische Parlament, die Rada, am Montagabend, dass die 70 Jets sich auf zwölf MiG-29 aus der Slowakei, 16 MiG-29 und 14 Su-25 aus Bulgarien sowie 28 MiG-29 aus Polen aufteilen würden. Auf den ersten Blick erscheint das logisch nachvollziehbar, bei genauerem Hinsehen aber nähren die Zahlen den Verdacht, dass es sich dabei auch um ukrainisches Wunschdenken handeln könnte. Denn würden die genannten Nationen tatsächlich ihre Flugzeuge in dieser Anzahl zur Verfügung stellen, blieben ihnen selbst zu Hause nur noch Bruchteile ihrer eigenen Luftmacht übrig. Bulgarien und die Slowakei etwa besitzen außer der MiG-29 überhaupt kein anderes Flugzeugmuster für die Luftverteidigung. Beide haben zwar die F-16 als Nachfolger geordert, doch bis zu deren Einführung dauert es noch Jahre. Bulgariens Premierminister Petkow hat daher nach Angaben des Magazins Politico eine Kampfjet-Spende an die Ukraine bereits abgelehnt.
Etwas anders sieht es dagegen in Polen aus. Hier teilen sich die MiG-29, die teilweise aus NVA-Beständen stammen und nach der Wende für die Luftwaffe flogen, die Einsatzaufgaben mit etwa drei Dutzend F-16C von Lockheed Martin. Und tatsächlich kam im Laufe des gestrigen Tages das von ukrainischer Seite gestreute Gerücht auf, ukrainische Piloten seien bereits in Polen eingetroffen, um die ersten MiG-29 abzuholen. Laut dem Politico-Journalisten Hans von der Burchard hat Polens Präsident Duda entsprechenden Vorhaben heute jedoch eine Absage erteilt. Polen werde "keine Kampfjets in den ukrainischen Luftraum schicken", so Duda. Allerdings sagte er damit nicht, dass die Ukrainer sich die Flugzeuge nicht einfach holen könnten. Selbst wenn das Gerücht also doch stimmt und Polen tatsächlich MiGs an die Ukraine abgibt, dürften es letztlich weit weniger als die gewünschten 28 Exemplare sein.
MiG ist nicht gleich MiG
Darüber hinaus stünden die ukrainischen Piloten im Einsatz mit den "verwestlichten" Sowjet-Fightern noch vor einer weiteren Hürde: Die MiG-29 der Polen – und auch die der Slowaken – wurden in den zurückliegenden Jahren umfassend umgerüstet und auf NATO-Standard gebracht. Sie besitzen eine andere Avionik und teilweise andere Systeme als die Maschinen, die die Ukrainer aus ihrer eigenen Erfahrung heraus gewohnt sind. Es dürfte also eine gewisse Zeit der Eingewöhnung brauchen, bis sie die Flugzeuge vollumfassend nutzen könnten.