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Virtuel
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG...
https://www.lvz.de/politik/putin-hat-bei-nato-beitritten-kein-vetorecht-ex-nato-chef-raet-die-ukraine-baldmoeglichst-JFFC3PMTDNDW3O4CDY2VNZRIJY.html
„Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen empfiehlt dem Bündnis, die Ukraine schon bald als neues Mitglied aufzunehmen. Bedenken, damit könne der Westen rote Linien in Russland überschreiten, weist er zurück. Rasmussen sieht es... umgekehrt:
Erst klare Verhältnisse würden Europa wieder Frieden bringen.
…Herr Rasmussen, vielen Europäer ist etwas unbehaglich, wenn sie an eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine denken. Manche sehen darin ein neues Sicherheitsrisiko.
Rasmussen: Ich plädiere für die genau umgekehrte Sichtweise.
Die Ukraine hat sich doch gerade als militärisch überraschend stark erwiesen.
Mit diesem Land als neuem Alliierten in der Nato wäre in Wirklichkeit das gesamte Bündnis stärker denn je.
Nicht nur die Ukraine, alle Staaten des Bündnisses würden davon profitieren.
…Haben Sie keine Angst, dass wir mit einem Nato-Beitritt der Ukraine eine vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gezogene rote Linie überschreiten?
Rasmussen: Die Nato war und bleibt offen für Staaten, deren Regierungen und Parlamente sich, wie jüngst in Finnland und Schweden, für eine Mitgliedschaft entscheiden.
Putin hat an dieser Stelle gar nichts zu sagen, er hat da kein Vetorecht, er muss sich wirklich raushalten.
Was immer er als rote Linien definiert oder empfindet, kann uns ehrlich gesagt egal sein.
…Wir hören doch aber immer wieder düstere Drohungen aus Moskau, oft auch unter Hinweis auf Russlands Nuklearwaffen.
Rasmussen: Putin stößt, das ist wahr, seit mehr als zwei Jahrzehnten immer wieder Drohungen aus. Immer wieder hat er ja auch tatsächlich zu Gewalt gegriffen, in Tschetschenien, in Georgien, in Syrien.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Um Nato-Staaten hat er stets einen Bogen gemacht.
In keinem einzigen Fall folgten, wenn das westliche Bündnis ins Spiel kam, auf Putins drohende Worte jemals Taten.
Die kleinen baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen zum Beispiel wären vielleicht längst einer russischen Aggression zum Opfer gefallen.
Weil sie aber Mitglieder der Nato sind, schreckt Putin vor einem Angriff zurück.
…Wichtig ist aber, dass wir bereits jetzt für alles einen Rahmen schaffen und die nötigen grundsätzlichen Klärungen hinbekommen.
Dazu gehört erstens, dass wir der Ukraine einen zügig begehbaren Weg zur Mitgliedschaft aufzeigen, ähnlich wie im Fall von Schweden und Finnland.
Dazu gehört zweitens, dass wir Detailfragen aller Art künftig vertrauensvoll in einem Nato-Ukraine-Rat besprechen, der idealerweise rund um die Uhr für eine enge politische Abstimmung zwischen Kiew und dem westlichen Bündnis sorgt.
Wenn wir dies alles jetzt in Vilnius anschieben, könnte der nächste Nato-Gipfel, im Juli 2024 in Washington, bereits eine förmliche Einladung an Kiew aussprechen, dem Bündnis beizutreten.
Von da an könnten, bis zum tatsächlichen Beitritt, vorläufige Sicherheitsgarantien durch einzelne Staaten ausgesprochen werden.
…Halten Sie es für denkbar, nur Teile der Ukraine… in die Nato aufzunehmen?
Rasmussen: So etwas ist natürlich kompliziert, und alles hängt am Ende von den Entscheidungen der Ukraine ab, aber es ist jedenfalls nicht unmöglich.
Und es kann einen stabilisierenden Effekt auf ganz Europa haben.
Denken Sie an den Nato-Beitritt Westdeutschlands im Jahr 1955.
…Muss man nicht, wenn man die Ukraine als neues Mitglied aufnehmen will, erst mal abwarten, bis der Krieg vorbei ist?
Rasmussen: Das wäre ein strategischer Fehler mit gefährlichen Konsequenzen. Wohin führt denn eine solche Festlegung?
Im Ergebnis geben wir damit doch Putin die komplette Entscheidungsgewalt in die Hand:
Er muss nur immer wieder den Krieg ein bisschen fortsetzen
– schon kann er den Nato-Beitritt der Ukraine so lange verhindern, wie er will.
Auf diese Art verlängert man den Krieg ins Unendliche."
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