Florian Sander
14. September 2020 20:15
Teil 1:
Der geneigte Leser dürfte wissen, dass ich einer der ersten bin, der Benedikt Kaisers Kurs des Solidarischen Patriotismus inner- und außerparteilich-publizistisch verteidigt und von ganzer Seele befürwortet. Das ist natürlich auch jetzt noch so.
Allerdings muss ich an dieser Stelle einmal einhaken.
Ich war bei dieser Kommunalwahl Oberbürgermeisterkandidat und Rats-Spitzenkandidat der Bielefelder AfD. Unser 27-seitiges Kommunalwahlprogramm, das aus meiner Feder stammt, enthält starke sozialpatriotische Akzentsetzungen (hier nachlesbar:
https://cdn.afd.tools/sites/26/2020/...13.09.2020.pdf). In einem Interview des 'Westfalen-Blatts', bei dem mich ein gut informierter Journalist nach meiner innerparteilichen Verortung fragte, bekannte ich mich direkt zur sozialpatriotischen Idee, da ich von Drumrum-Geschwurbel, das dazu dient, sich ja bei niemandem unbeliebt zu machen, nichts halte:
https://www.westfalen-blatt.de/OWL/B...er-Umstrittene
Was war das Resultat?
Eine massive Hetzkampagne der SPD-eigenen, hier dominanten Zeitung 'Neue Westfälische' (ehemalige Mitschüler wurden befragt, wie ich in der Schule war, mit der Folge persönlicher Tiefschläge, und weitere Auswüchse, die man fast nur aus US-Präsidentschaftswahlkämpfen kennt). Absagen einer Podiumsdiskussion, zu der ich eingeladen war. Plakatieren konnten wir kaum, weil die Plakate am nächsten Tag zerstört worden wären. Räumlichkeiten für Veranstaltungen finden oder eben solche unter freiem Himmel machen? Angesichts der hier sehr starken Antifa, die vor Drohungen gegenüber Gastwirten nicht zurückscheut und Veranstaltungen einfach umzingelt und durch Gegendemos unhörbar macht, unmöglich. Kandidaten hatten seltsame Post im Briefkasten, wurden mit Hetzflyern bei Nachbarn denunziert, werden auf der Straße angepöbelt. Für 10 von 33 Ratswahlkreisen fanden wir keine Kandidaten, da angesichts dieser DDR-2.0-Stimmung die Ängste bei vielen zu groß wurden, gerade für Menschen mit Kindern. Ich persönlich habe kein Problem damit, mich dem auszusetzen, und würde es wieder tun - verstehe aber, wenn es für andere zu weit geht. Wahlergebnis am Ende: Knapp 3,5 % sowohl für mich bei der OB-Wahl als auch für die AfD bei der Ratswahl.
Das alles ohne marktliberalen Kurs unsererseits. Ohne sagen zu wollen, dass die Situation anderswo in Deutschland für die AfD sonderlich leicht wäre, bitte ich hier doch zu bedenken, dass NRW in dieser Hinsicht einfach nochmal ein ganz besonderes Pflaster ist, gegen das AfD-Wahlkampf in so mancher Region der neuen Bundesländer deutlich entspannter ausfallen dürfte. Wer so viele Knüppel zwischen die Beine geworfen bekommt, der hat ernsthafte Probleme zu mobilisieren; egal, welche programmatische Richtung dem zugrunde liegt. Das negiert nicht die absolute Richtigkeit der Diagnose, dass etwa im Ruhrgebiet und sozial schwachen Regionen mit sozialpatriotischen Akzenten deutlich mehr drin wäre. Aber der eisig-linke Gegenwind, der in NRW weht, wäre auch trotz dieser noch vorhanden, ebenso wie die damit verbundenen Mobilisierungsprobleme. Das gilt es einfach anzuerkennen.