Zitat:
Verborgenes »falsches Schwein«
(Nr. 43, 46, 49/1978, Kontroverse (über Helimut Diwald »Geschichte der Deutschen")
Für das angebliche Churchill-Wort »Wir haben das falsche Schwein geschlachtet«, mit dem sich unentwegte Nazis nach dem Kriege bescheinigten, daß Hitler mit seinem Kampf gegen die Sowjet-Union doch recht gehabt habe, hat Professor Diwald jetzt -- so scheint es -- erstmals einen Beleg gegeben: Churchill, so behauptet er auf Seite 116, habe die Feststellung am 3. Juli 1952 im Unterhaus getroffen.
In dem amtlichen Bericht über die Unterhausdebatten jenes Tages (Spalten 1451-1662 des Weekly Hansard No. 229, 1952) findet sich absolut nichts dergleichen. Das »Falsche Schwein«-Zitat bleibt apokryph.
Diwald wärmt auch die apologetische Legende auf: Erst Molotows Forderungen während seines Berlin-Besuchs am 12. und 13. November 1940 »lösten die wichtigste Entscheidung aus, die Hitler während des Zweiten Weltkrieges gefällt hat« -- nämlich die Sowjet-Union im Frühjahr 1941 anzugreifen. Aber zwei Seiten vorher (S. 152) schreibt Diwald selbst, Hitler habe diese Absicht »zum ersten Mal Ende Juli 1941« gegenüber Brauchitsch und Halder entwickelt; Diwald verschweigt freilich -- was Warlimont in Nürnberg bezeugt hat und auch aus Halders Kriegstagebuch hervorgeht -, daß Hitler damals »am liebsten« den Angriff schon »im Laufe des Herbst 1940 auslösen wollte« -- nur der Hinweis Keitels auf die »rein militärischen Schwierigkeiten« brachte ihn davon ab.
Molotow, behauptet Diwald, beharrte in Berlin »auf dem Recht Rußlands, einen neuen Krieg mit Finnland zu beginnen, das ganze Land zu annektieren«, und habe auch in seiner Antwort auf die deutschen Kontinentalpaktvorschläge darauf bestanden: »Deutschland mußte den Sowjets freie Hand in Finnland lassen« (S. 157).