Zitat:
Die Geheimlehre wäre demnach uraltes Seher-Wissen, geistgeschautes Wahrwissen, nicht aber das Ergebnis spekulativen Verstandesdenkens, auch keine bloße "Weltanschauung" und schon gar nicht irgendein willkürlich aufgestelltes Dogma. Durch Einweihung und geistige Schau will dieses Seher-Wissen erworben werden. Es handelt sich also bei der Geheimlehre um einen Erkenntnispfad, der von jedem Einzelnen in vollem Bewusstsein beschritten werden kann.
Bruchstücke einer so verstandenen Geheimlehre finden sich in allen heiligen Texten der Menschheit, in den Weisheitslehren aus West und Ost – in den indischen Upanishaden, in den Büchern der Kabbala, in den alten "herrmetischen" Schriften Ägyptens, auf Hermes Trismegistos zurückgehend, im Tao-teh-King des Lao-Tse sowie in den Fragmenten der Gnostiker, in einigen apokryphen Texten der Bibel, in alchemistischen und rosenkreuzerischen Schriften. Hier kann man von einer wahrhaft "Ewigen Philosophie", einer philosophia perennis sprechen. Dabei darf die historische Gnosis mit ihrem starken Dualismus nur als eine Entstellung der wahren esoterischen Urlehre gelten.
Die Esoterischen Lehren sind der Menschheit immer wieder durch "Gottesboten" (ind. Avatare) gegeben worden, und in Zeiten spiritueller Verfinsterung werden sie in geheimen Orden und Bruderschaften gehütet, wie im Abendland etwa der Templerorden, die Bauhüttengemeinschaften, die Freimaurer, Rosenkreuzer und sonstige verschwiegene Gruppen. Auch sind in Zeiten des Materialismus die esoterischen Grundwahrheiten oft in Vergessenheit geraten. Dennoch ist es mitten im 19. Jahrhundert Madame Blavatsky gelungen, die Esoterischen Lehren für die moderne Welt wiederzuentdecken. Dazu musste sie in den Osten reisen, weil nur dort das Erbe der Esoterik rein gehütet wurde; aber das "Licht des Ostens", das Madame Blavatsky der Welt brachte, erwies sich auch als das "Licht des Westens" – die esoterische Urlehre in ihrer Reinform.
Wollte man versuchen, die Essenz der Geheimlehre in wenigen Sätzen zusammenzufassen, so könnte man sich an die bündigen Grundthesen halten, die Frau Blavatsky am Ende ihres Hauptwerkes Die Geheimehre Band 1 (1888) selbst gegeben hat. Sie stellt dort einige Grundsätze auf, die zusammenfassend alles in sich bündeln, was die „Geheimlehre“ ausmacht.
1. Der oberste Grundsatz des Systems der Esoterik ist demnach der Einheitsgedanke, die Einheit allen Seins:
Wir könnte ja abwägen, für welche Ideologie wir uns eher entscheiden würden, ginge es nach dem Verstand und dem Verständnis für Menschen und die Welt.
Zitat:
„Das Grundgesetz dieses Systems, der Mittelpunkt, aus dem alles emportaucht, und um und gegen alles gravitiert und von dem alle ihre Philosophie abhängt, ist das Eine gleichartige göttliche SUBSTANZ-PRINZIP, die Eine wurzelhafte Ursache. (…) Es wird ‚Substanz-Prinzip’ genannt, weil es auf der Ebene des geoffenbarten Weltalls zur ‚Substanz’ wird, zu einer Illusion, während es ein ‚Prinzip’ bleibt in dem anfangslosen und endlosen abstrakten, sichtbaren und unsichtbaren RAUME. Es ist die allgegenwärtige Wirklichkeit; unpersönlich, weil es alles und jedes Ding enthält. Seine Unpersönlichkeit ist die Grundidee des Systems. Es ruht in jedem Atome des Weltalls und ist das Weltall selbst.“ 2)
Immer, wenn ich in diese Schriften hinein schaue, erfüllt mich innerlich ein warmes Gefühl.