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Der Wiener Opernball oder wie Wien auf die Haarsträhne gekommen ist.

Der glamouröse Wiener Opernball feierte sich wieder einmal selber ... fühlte endlich wieder die alte Kraft, um den Pöbel auszusperren, der trotzdem in den Logen verharrte ... ein wenig geduckt, denn die politische Prominenz stolzierte durch die Oper und als ich es wieder einmal gerade so einrichten konnte, nicht offensichtlich zu spät zu kommen und erst nachdem ich meine Eltern mit Bussi links und Bussi rechts begrüßt hatte - die gesungene Liebeserklärung „Wien, Wien, nur du allein" von Elina Garana die sehnsuchtsvollen und strahlenden Gesichter der Gäste gefangen nahm ... hörte ich trotzdem den ganz still hingemurmelten Vorwurf meiner Mutter ... meine ständigen Verspätungen wären wohl fest eingeplant ...

Wo sei mein Mann ... ? ... diese übliche Frage entfiel heuer, man hatte es aufgegeben, dass er sich auch nur einmal dazu überwinden könne, einen Frack anzuziehen.

Wien feierte sich ... so konnte man es am nächsten Tag in den Zeitungen lesen und ich war mitten unter ihnen, die vorgaben, sie seien die Wiener Kultur .. die Kunst und das urbane Leben dieser Donaumetropole, die einen friedensbewegten Rockpoeten unter ihren Reihen wusste und sich endlich die rot-weiß-rote Schärpe über ihrem Wohlstandsbauch überziehen konnte, weil kein offensichtlicher Tyrann, dessen Familie gerade im fernen Tripolis den Zorn des Volkes zu spüren bekam, die Kreise jener Tanzschritte störte, da man ja nur sich selber feiern wollte.

Man feiert sich gerne und wenn der Champagner die Wangen a bisserl erröten lässt und die blasierte Vornehmheit sich in gewissen Anzüglichkeiten so allmählich aufzulösen beginnt, haben die ORF-Kameras schon Feierabend ... oder sie drehen dezent den Gästen den Rücken zu.

Man trifft Menschen und wird von ihnen getroffen. Es lebe der Schmäh ... die Obsession des „Kulturmenschen“ und bei einem Gang in die Damentoilette entdeckte ich einen winzigen Fehler in meiner Frisur, eine kleine Strähne begann sich zu lösen und fiel mir ins Blickfeld. Da hing sie nun und ließ sich nicht bändigen, obwohl mir eine andere Dame dabei helfen wollte ... sogar noch zwei andere um Hilfe bat.

Da stand ich nun vor dem großen Spiegel und drei Frauen versuchten sich an meiner Haarsträhne, bis sie endlich gemeinsam riefen ... das wäre geschafft.

Man konnte meine persönliche Katastrophe gerade noch rechtzeitig abwenden ... das große Fest bis in den Morgenstunden ins Uferlose treiben ... obwohl ich nach einer gewissen Zeit ständig ein wenig pusten musste, um die Haarsträhne, die sich nach einiger Zeit wieder selbstständig machte, aus meinem Gesichtsfeld zu bringen.

Eine kleine Metapher .... eine ungebändigte Haarsträhne kann auch ein Unglück bedeuten - oder aber dieses „Wien, Wien, nur du allein" ... denn dort ist es manchmal auch nicht viel mehr als eine Haarsträhne, die mir der Friseur wohl erstatten wird ... denn er hatte großspurig angekündigt - ich könne mit dieser Frisur einen Kopfstand machen, ohne dass auch nur eine einzige Strähne verrutschen würde.

Ein Wahlversprechen - mehr war es wohl nicht gewesen.



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Servus umananda
Eine Reminiszenz an das Ball-Ereignis des Jahres war dein Besuch sicherlich! Darüber hinaus ist es auch ein Bekenntnis zur Wiener Stadt, immerhin deine liebgewordene Heimatstadt...