Um kurz vor vier Uhr bittet der Verteidiger von Carsten S. darum, die Vernehmung zu unterbrechen. Sein Mandant sei erschöpft, könne sich nicht mehr konzentrieren. Zudem sei der zuständige Sachverständige nicht da. Carsten S. war bei der Übergabe der Tatwaffe an den NSU erst 19 Jahre alt, in dem Prozess geht es nun auch darum, ob die Tat nach dem Jugendstrafrecht gewertet wird. In einem vorläufigen Gutachten hatte der Sachverständige gesagt, es gebe ernsthafte Anhaltspunkte, dass Carsten S. damals noch als Jugendlicher gehandelt habe.
Zuvor hatte sich der Vorsitzende Richter Götzl mit den Aussagen von Carsten S. nicht mehr abfinden wollen. Immer wieder fragt er nach Skrupeln. Nach der Grenze dessen, was man von Carsten S. verlangen könne. Immer wieder windet sich der Angeklagte, sagt: "Ich kann mich nicht erinnern." Carsten S. ist wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen angeklagt. "Sie werden beauftragt, eine Straftat zu begehen und dann fragen Sie nicht nach", fragt der Richter immer wieder ungläubig. Die Pausen werden länger. "Keine Ahnung", sagt Carsten S. schließlich. "Was haben Sie sich denn vorgestellt, für was die Waffe gebraucht wird?" "Ich wurde das schon oft gefragt, ich suche das auch selber und kriege es aber nicht mehr zusammen."
Er erinnere sich, dass es möglicherweise um Geldbeschaffung ging, sagt Carsten S.. "Ich weiß, dass wir damals Kenntnis hatten von Geldnöten, und von einer Auslandsreise. Da ordne ich das ein.""Und sie hatten keine Bedenken eine Waffe zu übergeben?" fragt der Richter nun. "Anscheinend nicht", sagt Carsten S. Er wirkt immer verzweifelter, findet in seiner Erinnerung keine Antworten auf diese Fragen. Vielleicht will er sie auch nicht finden. "Mit dem Thema werden Sie sich auseinandersetzen müssen", sagt der Richter schließlich.