Nach dem Untergang des Imperiums verkam die römische Architektur bekanntlich zu einem gedrungenen und schwerfälligen romanischen Kirchenbaustil, der sich über die Jahrhunderte zur Gotik verfeinerte, die in nichts mehr an ihre Ursprünge erinnerte. Dann kam mit der Renaissance der erste Flashback. Zurück zu den Wurzeln hieß es, und es wurde wieder römisch gebaut und wieder verfeinerte sich dieser Stil und wandelte sich über den Manierismus und das Barock zur verspielten Rokoko. Wieder hatte man eine anfängliche schlichte Sachlichkeit und Erhabenheit auf die Spitze getrieben und wieder begann man ganz von vorne. Nun hieß das ganze Klassizismus und der zeigte sich manchmal schon klassischer und edler, als es die griechisch-römische Klassik jemals war :-)
Im späten 19. Jahrhundert hatte man dann schon gewisse Erfahrungen mit diesen immer wiederkehrenden Neuauflagen alter Stile, daß man die gesamten früheren Epochen im Schnelldurchlauf nochmal durchspielte, erstmals verschiedene Stile gleichzeitig pflegte und kombinierte und mit den Mitteln der Massenindustrie gleich noch so weit pervertierte, daß am Schluß dieser wüste gründerzeitliche Pseudohistorismus herauskam, der dann mit dem ersten Weltkrieg sein berechtigtes Ende fand. (Der Jugendstil als eigenständige Erfindung der Belle Epoque war ein reiner Ornamentstil und zudem sehr uneinheitlich, weswegen der wohl gesondert gesehen werden sollte.)
Tja, in den 20ern war das dann alles vorbei und erstmals begann man nicht mehr bei den altbewährten Römern, sondern suchte sich weitaus primitivere Vorbilder. Schlichte indianische Puebloarchitektur etwa, Kuben, Schachteln und Container aller Art wurden als Vorlage herangezogen, um zur Abwechslung einmal dort anzuknüpfen, wo die Neandertaler die Höhlen verließen und sich ihr erstes selbstgebasteltes Dach über dem Kopf zusammenschusterten. Die Idee selbst war ja nicht schlecht, aber wenn es bis dahin üblich war, daß sich grobe Stile im Lauf ihrer Entwicklung immer mehr verfeinerten, so ist bei den Spätfolgen der Bauhausstils eher das Gegenteil zu beobachten. Immer billiger und beliebiger wurden diese Zweckbauten und immer austauschbarer dadurch unsere Städte.
Aber es tut sich was. An manchen Ecken Berlins lassen sich bereits wieder klassizistische Neubauten bestaunen, so gegenüber dem Innenministerium am Hausvogteiplatz oder schräg gegenüber des Bundesratsgebäudes in der Leipziger Straße. Aber auch die Art Deco Architektur New Yorks oder Chicagos wäre es wert, wiederbelebt zu werden, so wie Hans Kollhoff es am Potsdamer Platz überzeugend bewiesen hat.
Mal abwarten, wie sich das alles entwickelt... :-)