Tod in der Dönerbude
Mordserie unter ausländischen Ladenbesitzern: Nach fünf Jahren eine erste heiße Spur
Die Männer sassen auf der Bank vor dem Laden und stritten. Mit wilden Gesten redete der Fremde auf
Theodorous Boulgarides ein. Es war das letzte Mal, daß der 41jährige Mitinhaber eines Schlüsseldienstes im Münchner Westend am vergangenen Mittwoch lebend gesehen wurde.
Eine halbe Stunde später, gegen 18.30 Uhr fuhr sein Geschäftspartner zum Laden, öffnete die verschlossene Tür und fand Theo - wie ihn alle nannten - hinter dem Tresen in einer Blutlache, das Gesicht zerfetzt von drei Kugeln.
Für die Ermittler weisen zwei Merkmale auf einen Auftragsmörder: die Kaltblütigkeit, mit der der Täter vorgeht, und die Professionalität. Obwohl an den verschiedenen Tatorten tagelang selbst nach kleinsten Hautschuppen gesucht wurde, fanden sich keine verwertbaren Hinweise auf die Identität des Täters. Auch ein Motiv oder eine Verbindung zwischen den Opfern schien lange zu fehlen.
Sicher war nur, daß die Waffe einen Schlüssel zum Rätsel birgt. Warum ein Profi-Killer den Fehler begeht, immer die gleiche Pistole zu benutzen, erklärten Fahnder damit, daß die Waffe vermutlich gezielt eingesetzt wird. Möglichen Opfern soll signalisiert werden: Ihr könnt die nächsten sein.
Doch nun haben die Fahnder offenbar konkrete Hinweise auf einen Zusammenhang zumindest zwischen den türkischen Ladenbesitzern:
Alle sechs sollen Geschäftsbeziehungen zu einer in Istanbul ansässigen Handelsfirma gehabt haben, erfuhr die "Welt am Sonntag" aus hochrangigen Beamtenkreisen. Das Unternehmen soll sich als legal tarnen, aber europaweit mit Drogenschmuggel, Menschenhandel und dem Verschieben gestohlener Autos tätig sein.
Der Vater zweier Töchter ließ sich erst vor kurzem scheiden und soll Schulden gehabt haben.
Ob dies der Grund für nicht legale Geschäfte mit der türkischen Drogen-Mafia sein könnte, wird derzeit untersucht. "Drogen sind das wahrscheinlichste Motiv", hatte es bislang stets geheißen. Aber Boulgarides galt als unbescholtener Bürger und war bisher ebensowenig auffällig geworden wie Ismail Yazar.
Deshalb schließen die Fahnder auch nicht aus, daß sich die beiden letzten Opfer geweigert haben könnten, als Drogen-Kuriere zu arbeiten, und vielleicht deswegen liquidiert wurden.
Aber vielleicht wurde Boulgarides auch
Opfer einer Verwechslung: Bis vor kurzem befand sich in dem Haus, wo er erst vor zwei Wochen seinen Laden eröffnete, der Döner-Imbiß eines Türken.
Die Münchner Soko hofft nun, mit Hilfe eines Phantombildes den Fremden zu finden, mit dem Boulgarides gestritten hatte.
Offiziell wird der etwa 30jährige Mann, der dunkle Hosen und ein rotes Hemd trug, nur als Zeuge gesucht. Doch er könnte auch der Mörder sein.