anders aus, dazu komme ich aber gleich.
Der Denkfehler
Dass die Wahl so nebensächlich wahrgenommen wird, hat aber auch mit der Wahrnehmung zu tun, dass die CDU Merkels die Wahl ja sowieso wieder gewinnt und in Deutschland ruhig „weitergemerkelt“ werden kann. Und hier liegt in meinen Augen ein Denkfehler der ausländischen Investoren und das ist das Kernthema dieses Artikels.
Ich sage es deutlich und klar: Es gibt ein größeres Risiko als die meisten ahnen, dass Deutschland nach der Wahl zu einem unsicheren Kantonisten wird, weil keine stabile Regierung gebildet werden kann. Und die Märkte haben dieses Risiko noch weitgehend nicht auf dem Radar. Ich bin ja viel in US-Medien und -Blogs unterwegs, der Gedanke, dass Merkel keinen Koalitionspartner findet, ist kein Thema, dabei ist das nun ganz real – es hängt alles von der SPD ab, dazu später mehr.
US Investoren dominieren den deutschen Markt
Nun werden sich einige Leser vielleicht fragen, was denn die US-Sicht mit dem DAX zu tun hat? Die Antwort ist ganz einfach, da die Aktienkultur in Deutschland so unterirdisch ist und alle die sich damit beschäftigen, sowieso nur „gierige Zocker“ sind, liegen mehr als 50% der Anteile deutscher Aktien in der Hand ausländischer Investoren und darunter sind es die US-Investoren, die dominieren. Die Meinung, die US-Investoren aus ihrer Sicht zum deutschen Markt haben, ist also höchst relevant – mindestens so relevant wie die der deutschen Anleger, wenn nicht wichtiger.
Nach der Wahl ist vor dem Sturz
Kleine Vorschau auf Merkels vermutlich letzte Amtszeit
Und US-Investoren verstehen die Feinheiten unseres Wahlsystems noch weniger, als wir das US-System verstehen. In den US werden Personen gewählt und hier Parteien und unser Verhältniswahlrecht mit seinen Koalitionszwängen schafft Szenarien, die sich in den US nur wirkliche Deutschland-Spezialisten vorstellen können. Die dominante Sicht der US-Investoren ist, Merkel gewinnt und die große Koalition geht weiter, oder es bildet sich eine andere, die zwar andere Nuancen setzt, wegen der Dominanz Merkels aber letztlich auch Kontinuität pflegen wird.
Die wirkliche Lage vor der Wahl
Wie ist denn aber die wirkliche Lage vor der Wahl? Nimmt man die Umfragen und schreibt man die Tendenzen fort, wird am Sonntag die AfD den dritten Platz einnehmen. Dahinter streiten sich FDP und Linke um den vierten Platz und die Grünen bleiben mit ihrer Kernklientel aus dem Juste Milieu auf dem fünften Platz.
Die CDU Merkels wird weiter leicht nachgeben und im mittleren 30er Bereich abschließen, vielleicht eher tiefer und die SPD kämpft mit 20%. Und das ist das Kernproblem, das noch zu wenig beachtet wird.
Eine waidwunde SPD wird keine große Koalition mehr eingehen
Denn eine waidwunde SPD mit unter 20% wird nach meiner Vermutung keine große Koalition mehr eingehen können. Dann dürfte dem letzten Funktionär klar sein, dass die Partei so nicht weitermachen kann und sich in der Opposition erneuern muss. Es würde in der Partei auch das große Stühlerücken einsetzen, Frau Nahles würde wohl ganz nach vorne ins Rampenlicht rutschen und alles würde von unten nach oben gekehrt. Nach so einer Klatsche, die dann gar nicht mehr „große“ Koalition trotzdem fortzusetzen, würde die SPD bei der nächsten Wahl wohl endgültig zur Splitterpartei machen; ich denke, das wissen die Mitglieder und deshalb wird es nicht passieren.
Hinfällig wird das Szenario sofort, wenn die SPD ein halbwegs so respektables Ergebnis einfährt, das sie erhobenen Hauptes wieder in eine „GroKo“ gehen lässt – dann bleibt alles, wie es ist und der Markt wird nur gähnen. In Anbetracht der großen Ängste, die nun offensichtlich in der SPD herrschen, denke ich, dass schon mit 25+ Prozent das große Durchatmen einsetzen wird.
Jamaika ist eine Schnapsidee
Jetzt nehmen wir mal an, die SPD fällt unter 20% und kann waidwund keine „GroKo“ mehr eingehen. Dann denken alle, dann bliebe ja noch „Jamaika“. Ich halte das aber auf Bundesebene für eine Schnapsidee, an deren Realisierung ich nicht glaube. Für Merkel wäre es zwar ideal, statt dass ein kleiner Koalitionspartner sie treibt, würden die beiden Kleinen sich gegenseitig neutralisieren, die sich ja sowieso wie Feuer und Wasser in Antipathie verbunden sind.
So könnte Merkel sich ausgleichend dazwischen positionieren und damit wieder genau das tun, was sie am besten kann: zu reagieren und Leerräume zu füllen, statt voran zu gehen. Am Ende so einer Koalition, wären FDP und Grüne am Boden und dieses Mal endgültig aus dem Bundestag – gerade die FDP, der sowieso noch der Nimbus der Umfaller-Partei anhängt, was aktuell bessere Ergebnisse verhindert. Aber auch die Grünen dürfte es über die notwendigen brutalen Kompromisse innerlich zerreißen. In so einer Dreierkonstellation bleibt auf Bundesebene einfach zu wenig zur Profilierung übrig für die Kleinen, profitieren würde von den Schwerkräften der Jamaika-Koalition wohl nur die Union und Merkel als „Fels der Mitte“.
Deshalb kann man Grünen wie FDP nur dringend raten, das Thema nur mit der Kneifzange anzufassen, wenn überhaupt. Und wenn Lindner klug ist, wird er zum Wohle des langfristigen Überlebens der FDP jede Gelegenheit nutzen, um den restlichen Spalt in der Jamaika-Tür gesichtswahrend zuzuschlagen. Jamaika ist eine Schnapsidee auf Bundesebene, davon bin ich fest überzeugt.
Dann haben wir den Salat
Und dann haben wir den Salat. Etwas, was es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben hat und sich daher auch kaum jemand vorstellen kann. Eine Situation, in der sich keine Regierungs-Koalition mehr findet, weil Jamaika eine Totgeburt ist und die SPD wie ein verendender Hirsch einfach nicht mehr kann.
Wenn das so kommen würde, wird es an den Märkten „rappeln“. Nicht sofort am Montag, diese Erkenntnis muss ja erst einmal sickern und das hängt davon ab, wie gerade die SPD sich zur einzigen sicheren Regierung, einer kleinen „GroKo“, positionieren wird.
Wahltrend
Nach der Wahl: Koalition der Verlierer?
Sobald sich aber die Erkenntnis durchsetzt, dass Deutschland ohne stabile Regierung dasteht, setzt sich die Eurokrise wahrscheinlich wieder in Gang. Denn auch wenn Mario Draghi von konservativen Politikern der zweiten Reihe für die Galerie immer gerne attackiert wird, ist es doch Merkels Regierung, die Draghi massiv stützt. Sagen wir es ganz klar, wenn die Regierung der größten Volkswirtschaft der Eurozone wollte, hätte sie die Macht, die Geldpolitik zu verschieben, sie tut es aber nach meiner Vermutung nicht, weil Draghis Politik letztlich dem Junckerschen Mantra des „alles zusammenhalten“ dient, das von der EU-Elite unisono nach wie vor gepflegt wird.
Sobald aber die Regierung hier in Deutschland fragwürdig wird, sobald also diese eindeutige Unterstützung der EZB nicht mehr ganz sicher ist, wird der Markt scharf und ängstlich reagieren. Wir werden dann einen Absturz der Märkte in Südeuropa sehen, ein Hochschießen der Renditen und Ausfallwahrscheinlichkeiten, also eine Wiederkehr der Eurokrise. Und das alles, weil Deutschland keine EZB-freundliche Regierung bilden kann.
Im Vorfeld ist dieses Szenario für schwarz-gelb ja schon an die Wand gemalt worden, weil die FDP nicht ganz so unterwürfig zu Draghis Politik steht wie die anderen derzeit im Bundestag vertretenen Parteien. Ein bisschen Sorge wird in dem Fall auch im Markt sein, das stimmt schon. Aber da sehe ich kein echtes Problem, denn eine schwarz-gelbe Regierung würde in dieser Sache schnell eine klare Linie finden und damit werden die Märkte auch leben können, denn die Märkte hassen Unsicherheit, sie hassen aber nicht die FDP! Eine schwarz-gelbe Regierung ist aber vermutlich kein reales Szenario, dafür wird die CDU zu schwach und viel mehr als 10% kann man von einer FDP nicht erwarten, die immer noch vom Ruf der Vergangenheit belastet wird.
Alarmstufe Rot für die Märkte
Wenn aber gar keine Regierungsbildung möglich ist, dann rappelt es, dann gibt es an Europas Märkten Alarmstufe Rot, denn das ist dann pure Unsicherheit. Das ist vor allem Unsicherheit für Italien, Griechenland und Co. Dann fällt der Euro und die europäischen Märkte. Vom Ergebnis der SPD hängt also viel ab, fällt die SPD unter 20%, sind wir in meinen Augen mit relevanter Wahrscheinlichkeit in dem Szenario.
Gleichzeitig ist der deutsche Markt derzeit sowieso überkauft und korrekturreif und wir haben vor Kurzem in der Asset Manager Allokation gesehen, dass die institutionellen Finanz-Ströme im DAX schon sehr gut investiert sind – was eher als Kontrasignal zu werten ist, denn wer schon ausreichend investiert ist, kauft nicht mehr nach.
Das schafft eher negatives Überraschungspotential, nicht notwendigerweise am Montag aber in Folge, je nachdem wie sich das entwickelt. Man kann also auch sagen, dass das Ergebnis der SPD den DAX bewegen wird. Ist das Ergebnis der SPD gut genug, bleibt alles ruhig, ist es sehr schlecht, gibt es Abwärtspotential im DAX, weil die Stabilität der Regierung in Frage kommt............................................. .................