"Nein? Ich auch nicht. Aber jetzt muss ich ihn kennen, denn das ist der tapfere Journalist vom Tagesspiegel, der vor einigen Tagen mitten in Charlottenburg von einem Rechtsradikalen niedergeschlagen wurde. Der Täter soll ihn attackiert haben mit den Worten: „Du bist doch der linksradikale Schümann vom Tagesspiegel, Du Drecksau.“ Da ist sich Schümann ganz sicher. Etwas weniger sicher scheint er zu sein, was ihm denn nun passiert ist, denn in diesem Punkt differiert die Berichterstattung. Mal wird er nur attackiert, mal niedergeschlagen, mal sauste eine Faust in seinen Nacken. Macht nichts, die Verurteilung dieser rechtsradikalen Schandtat, für die es keine Zeugen gibt, ist jedenfalls einhellig.
Nicht nur die Journalistenkollegen, auch Justizminister Maas, der zu den jüngsten Brandanschlägen auf Autos von Politikerkolleginnen und Aktivistinnen vernehmlich geschwiegen hat, der alle linksradikalen Angriffe in Leipzig der letzten Monate, einschließlich einer brutalen Attacke auf eine Polizeistation, schweigend überging, kann diesmal mit seiner Empörung und seinem Abscheu nicht hinter den Berg halten.
Die Botschaft von Schümanns Ungemach ist also nicht zu überhören. Warum nur fehlt mir der Glaube? Wenn sich der Überfall in Lichtenberg in der Weitlingstraße abgespielt hätte, wäre ich geneigt, trotz aller Zweifel, Schümanns Story eine gewisse Wahrscheinlichkeit einzuräumen. Der Kiez ist stadtbekannt für seine Neonazidichte. Aber Charlottenburg, in Kudammnähe?..."
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