
Zitat von
dlete
Geld zurück geben, Koffer tragen - nichts verglichen mit dem, was ich heute in der Stadt erlebt habe:
Mehrere glatzköpfige Nazis klauten einer jungen, blonden Frau ihr kleines, blondes Kind aus dem Kinderwagen. Der Anführer kündigte an, den kleinen Racker nun genüsslich und live verspeisen zu wollen. Niemand schritt ein, soweit ich das überblicken konnte waren ausschließlich Bundesdeutsche anwesend.
Dann kam der rettende Engel um die Ecke, es war eine badische Götterdämmerung: Ein junger, gut gekleideter, bildhübscher junger Mann aus Syrien. Mit ruhigen, besonnen, ja geradezu feierlichen Worten redete er auf die Nazis ein, ein seliges, infizierendes Lächeln umspielte sein Gesicht. Gefangen genommen von soviel Weisheit, soviel Anmut, soviel Präsenz gaben die rechten Kannibalen in spe den neuen Erdenbürger beschämt an die aufgelöste Mutter zurück. Ahmed aber geißelte sie nicht, sondern entließ sie in den Abend, das Versprechen abnehmend, dass sich derlei nie wieder wiederholen dürfe - betreten traten die Deutschen mit den weißen Schnürsenkeln ab.
Die Mutter ihrerseits busselte Ahmed, dass mir beim Zusehen die Tränen in die Augen schossen. Ob sie ihn wohl noch zum Essen einladen dürfe, hörte ich sie tränenerstickt fragen. Und der syrische Held lächelte, dankbar und demütig, wie ich es noch bei keinem Menschen je gesehen hatte. Das Angebot ehre und beschäme ihn zugleich, nie würde ihm sein Glauben erlauben für derlei Selbstverständlichkeiten Annehmlichkeiten zu erhalten. Zudem müsse er zurück in seine Zeltstadt, er arbeite seit längerer Zeit für die syrische Raumfahrtbehörde an der ersten bemannten Marsmission, die noch 2016 stattfinden solle. Das Projekt sei sehr zeitaufwendig, zudem habe er auf der Überfahrt einige Pläne auf See verloren - glücklicherweise habe er diese immer im Kopf, so dass er nun weiterarbeiten könne.
Die Menschen sahen mit offenen Mündern, wie sich der größte aller Menschen vom kleinen Sven-Thorben und der jutebebeutelten Mutter Mascha verabschiedete.
Jeder wusste, dass dieser Moment für immer bleiben würde.
FIN