"Ich wurde als Sohn des deutschen Konsuls Dr. Max Hesse und seiner Ehefrau Else geborene Koch am 6.12.1898 in Bagdad geboren. Meine Vorfahren waren Architekten des preußischen Hofes. Die zahlreichen Versetzungen meines Vaters brachten es mit sich, dass ich bis zu meinem vierzehnten Lebensjahr Teheran, Saloniki, Jerusalem und Bagdad, sowie die umliegenden Länder des Nahen Ostens kennen lernte, Von meinem vierzehnten Lebensjahre ab besuchte ich in Berlin die Goethe-Schule, ein Reform-Realgymnasium.
1916 trat ich als Fahnenjunker in das Infanterieregiment 79 (Hildesheim) ein. Im Oktober 1917 geriet ich in der Schlacht bei Ypern schwer verwundet als Fähnrich in die Hände der Engländer. Erst Ende 1919 kehrte ich aus der Gefangenschaft nach Deutschland zurück. Im März 1920 wurde ich mit dem Charakter als Leutnant a.D. verabschiedet.
Ich studierte hierauf in Berlin und München Jurisprudenz, Volkswirtschaft, Geographie und Theologie. Ich war Schüler von Rothenbücher, Drygalsky,
Haushofer, Oncken und Bäumker. Ich schloss meine Studien in München mit dem Referendarexamen ab und erhielt den Dr.phil. mit einer Arbeit über "Mesopotamien - ein geopolitisches Portrait". Meine Absicht, das Assessorexamen abzulegen und auch den Dr.jur. zu erwerben, musste ich in Folge der Inflation aufgeben.
Ich wurde hierauf zunächst Schriftleiter der Zeitschrift für Geopolitik, die Professor Haushofer, Professor Obst und Professor Maull mit mir zusammen begründeten. Eine Meinungsverschiedenheit mit Professor Haushofer über die künftige Richtung der 'Geopolitik' veranlasste mich, aus der Zeitschrift auszuscheiden. Ich wurde daraufhin Journalist und trat 1926 in die Telegraphen-Union ein, in der ich Chefredakteur des Nachrichtendienstes ab 1929 war. Das Unternehmen stieg bekanntlich damals zu den bedeutendsten der freien europäischen Nachrichtenunternehmen auf.
Nach der Machtübernahme Hitlers wurde die Telegraphen-Union mit dem WTB [Wolffs Telegraphisches Bureau] zum Deutschen Nachrichten-Büro [DNB] verschmolzen. Das Personal des Büros wurde hierbei automatisch übernommen. Infolgedessen wurde ich für 1 1/2 Jahre Chefredakteur des DNB, dessen Auslandsdienst ich zuletzt leitete. Ein Konflikt mit Dr. Goebbels brachte meine Ablösung mit sich.
Durch Vermittlung des Auswärtigen Amtes und einiger Wehrmachtsstellen wurde ich als Berichterstatter für das DNB nach London geschickt und gleichzeitig der deutschen Botschaft als Pressebeirat attachiert. Ich bin somit von 1935 ab bis zum Kriegsausbruch an der Berichterstattung der Botschaft wesentlich beteiligt gewesen. Die vom Gegner veröffentlichten Akten des Auswärtigen Amtes enthalten daher u.a. auch eine Reihe von mir persönlich gezeichneter Berichte. Die wichtigsten meiner Berichte fehlen in der Publikation, weil anscheinend ein Teil des sekretierten Materials bei Kriegsende nicht in die Hände der Gegner gefallen ist.
Nach Kriegsausbruch wurde ich vom Auswärtigen Amt übernommen und war bis Kriegsende Vortragender Legationsrat (Beamter auf Widerruf) und Englandsachverständiger im Auswärtigen Amt. Meine Hauptaufgabe bestand darin, alles geheime und geheimste Material auf seine Bewertung durchzusehen und hieraus Vorlagen für die Reichsleitung zu fertigen. Diese Aufgabe ist vor den Beamten und Angestellten des Auswärtigen Amtes strengstens geheim gehalten worden und diesen auch nach Kriegsende nicht bekannt gegeben worden. Ich habe in dieser Eigenschaft auf höchste Weisung gewisse Fühler mit dem Ausland unterhalten, die der Erkundung von Feindabsichten und Friedensmöglichkeiten dienten. Ich bin daher der einzige gewesen, der mit Genehmigung der höchsten Reichsstelle im Frühjahr 1945 in Stockholm mit einem Vertreter des Präsidenten Roosevelt über eine Kapitulation verhandeln durfte. Meine Tätigkeit wurde im übrigen dadurch getarnt, dass ich das Englandkomitee leitete, ein interministerielles Komitee, das dem Informationsaustausch und der Lenkung der Feindpropaganda diente.
Nach Beendigung des Krieges wurde ich von den Amerikanern zunächst interniert und dann an die Engländer und Franzosen ausgeliefert. Nach Freispruch durch sämtliche drei Alliierten wurde das Entnazifizierungsverfahren gegen mich eingestellt, da die gegen mich durchgeführten Verfahren meine volle Entlastung erbracht hatten. [...]"
Hesse war seit 1950 an der Hochschule für Politische Wissenschaften in München tätig. Dr. Alfred Jüttner bescheinigt in einem Schreiben vom 16. Juli 1958:
"Ich bestätige Ihnen hiermit im Namen der Hochschule für Politische Wissenschaften, dass Sie von Gründung an d.h. 14. Juli 1950 bis zum gegenwärtigen Tage Mitglied des Kuratoriums, Senats und des Lehrkörpers der Hochschule sind. Von 1950 bis Oktober 1954 waren Sie Prorektor und zugleich Finanzreferent der Hochschule. [...]"
Während dieser Zeit und in den Folgejahren war Hesse v.a. publizistisch tätig. Zu seinen Veröffentlichungen gehören "Das Spiel um Deutschland" (München 1953) und "Das Vorspiel zum Kriege" (Leoni am Starnberger See 1979), die in Fachkreisen und Presse kontrovers diskutiert wurden.
Fritz Hesse verstarb am 18. März 1980.