Religion und Kirchen in der Ukraine (Auszug)
...Seit 1988 die Beschränkungen für die Gründung religiöser Organisationen fielen, ist ihre Zahl in der Ukraine bis zum Jahre 2002 um das Vierfache angewachsen und beträgt inzwischen mehr als 26.000. Die Statuten von 52 religiösen Zentren wurden offiziell registriert – in der Zeit vor der Perestroika waren lediglich das Ukrainische Exarchat der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) und die Vereinigung der Evangeliumschristen-Baptisten der Ukraine (als Teil des Bundes der Baptisten der UdSSR) legal tätig...
Protestantische und charismatische Gruppierungen
Eine vierte Gruppe religiöser Organisationen in der Ukraine bilden die protestantischen Gemeinschaften. Die größte sind die Evangeliumschristen-
Baptisten (etwa 140.000 Getaufte), gefolgt von den
Pfingstlern (zur größten pfingstlerischen Vereinigung zählen ungefähr 106.000 Mitglieder). Etwa 120.000 Menschen gehören zur ukrainischen Organisation der
Zeugen Jehovas, etwa 70.000 zählt die Ukrainische Vereinigte Konferenz der
Adventisten des Siebenten Tages.
Ein eigenes Problem stellt der Erfolg der „neuprotestantischen“ Bewegungen dar. Als Gründe dafür sind zu nennen die Entfremdung der heutigen ukrainischen Jugend von jenen Traditionen, die im Kräftefeld der orthodoxen Kirchen gewachsen sind; die Unbestimmtheit des geistigen Klimas, in dem die Sozialisation jener Generation stattfand, die Ende der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre die Volljährigkeit erreichte; die Dissonanz zwischen den geistigen Ansprüchen dieser Generation und den Antworten darauf von Seiten der traditionellen Kirchen; die außerordentliche Aktivität der ausländischen Missionare und ihre finanziellen Möglichkeiten, die bei weitem die Mittel der traditionellen ukrainischen Kirchen übersteigen, und auch die Besonderheiten dieser Bewegungen, insbesondere der charismatischen.
Die charismatische Bewegung ist mit Sicherheit nicht eine „Professorenreligion“, wie S. Bulgakow 1910 den zeitgenössischen Protestantismus bezeichnete.
Eher muss man die charismatische Bewegung als „Managerreligion“ bezeichnen. Im Unterschied zur Orthodoxie betrachtet sie den sichtbaren Wohlstand als Ausdruck der göttlichen Vorsehung, die sich nicht nur in eschatologischer Perspektive, sondern auch in „dieser Welt“ entfaltet...
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