Zitat Zitat von Murmillo Beitrag anzeigen
Ich behaupte ja nicht, dass Strahltriebwerke eine rein deutsche Erfindung sind. Whittle und Pabst von Ohain haben sie ja unabhängig voneinander und gleichzeitig entwickelt.
Aber die moderne Bauform geht nun mal auf die Entwicklung von Pabst von Ohain und die darauf beruhenden , deutschen Strahltriebwerke zurück- und (was die Kompressorstufe(n)betrifft) nicht auf die von Whittle, wie immer wieder mal in den Medien behauptet wird. Wäre dem nicht so, hätten unsere Flieger, bei der Triebwerksleistung heute, im Durchmesser riesige Triebwerksgondeln.
Und- diese Bauform setzte sich bei den Tommys und Amis erst durch, nachdem sie eine Reihe von Beutetriebwerken ausgiebig untersucht hatten. Whittle selbst kam nicht von sich aus von seinem Radialverdichter aus auf die Idee, statt dessen Axialverdichter (um damit eine wesentlich schlankere Bauform des Triebwerks zu ermöglichen) zu benutzen.
Naja, der Radialverdichter ist technisch deutlich "anspruchsloser" als der Axialverdichter. Man kann sich das etwa vorstellen, als schiebt man Wasser mit einem Besen eine Rampe hinauf. Der Radialverdichter macht das mit wenigen, großen Schüben, und fertig. Beim Axialverdichter hast du dagegen viele kleine Besen in mehreren Reihen, die jeweils nur einen kleinen Teil der Arbeit machen, und das Kernproblem ist die Abstimmung und Koordination. Schieben die unteren Reihen das Wasser schneller als die oberen, staut es sich und fließt schließlich zurück. Die deutschen Triebwerke hatten noch ausnahmslos das Problem des "Verdichterpumpens", einer Strömungsumkehr im Verdichter, wenn der Pilot zu schnell Gas gab, was in der Regel mit Triebwerksausfall, Triebwerksbrand und oft genug dem Totalverlust des Flugzeugs endete.

Whittle war sich der potenziellen Vorteile des Axialverdichters durchaus bewusst, hielt ihn aber - zu Recht - für technisch schwer beherrschbar und verzichtete deswegen auf jedes Experiment mit dieser Technik. Tatsächlich dauerte es bis Mitte der 50er Jahre, bis die Ingenieure tatsächlich verstanden hatten, wie Axialturbinen genau arbeiten, und wie sie zu konstruieren sind, um solche Probleme zu vermeiden. Vorher war das - mehr oder minder - Gefühl und Wellenschlag, der Angelsachse spricht vom "educated guess". Die deutschen Konstrukteure waren hier schlicht etwas "mutiger", lieferten aber letztlich "Prototypen in Serie", technisch unreife Triebwerke, die mit viel Bedacht bedient und häufig gewartet werden wollten.