Russlands Flugzeugbau: "Boeing zur Seite schieben und Chinesen überholen"
Boeing und Airbus sollen eingeholt werden. Die russische Vereinigte Flugzeugbaukorporation habe die Entwicklung eines Großraumflugzeuges für den Einsatz auf Langstrecken in Angriff genommen, teilen russische Massenmedien mit.
Es handelt sich um das erste Projekt dieser Art seit UdSSR-Zeiten. Es in die Tat umzusetzen wird allerdings alles andere als einfach sein, aber ein Erfolg würde es Russland ermöglichen, unter den führenden Flugzeugbaumächten Fuß zu fassen, dessen sind sich Experten sicher.
Ein Großraumpassagierflugzeug fasst bis zu 10 Sitze in einer Reihe, das ist fast doppelt so viel wie im Fluggastraum einer konventionellen Linienmaschine. Diese Luftfahrzeuge mit einem hohen Fassungsvermögen werden für Linienflüge auf größere Entfernungen eingesetzt. Die erste Maschine dieser Klasse ist die legendäre Boeing 747 geworden, die Ende der 60er Jahre entwickelt wurde. Sie wird auch heute erfolgreich betrieben. Und der US-amerikanische Konzern bleibt neben dem europäischen Airbus-Unternehmen ein Schrittmacher im Segment der Großraumflugzeuge.
Russland hat mit der Il-96 ebenfalls ein solches Flugzeug, das noch in den Sowjetzeiten projektiert wurde. Seit mehr als 20 Jahren seines Einsatzes ist diese Maschine kein einziges Mal verunglückt. Doch die darin eingesetzten Entwicklungen seien bereits überlebt und nicht mehr imstande, mit den westlichen Analoga zu konkurrieren, meint Roman Gussarow, Experte des Komitees für das Verkehrswesen der Staatsduma. Nach seiner Meinung brauche unser Land ein neues Großflugzeug. Die Arbeit an diesem Projekt würde der Entwicklung des gesamten zivilen Flugzeugbaus einen neuen Auftrieb verleihen:
„Wir müssen neue moderne Technologien des Flugzeugbaus meistern, was jetzt denn auch im Prinzip geschieht. Doch anfangen sollte man klein. Und wir tun dies auch. Der erste kleine Schritt ist die Sukhoi Superjet 100. Der nächste Schritt ist das Mittelstreckenflugzeug MS-21 mit einem konventionellen Fluggastraum. Das gilt für die Jahre 2017 – 2018. Im Falle, dass sich dieses Projekt als erfolgreich erweisen sollte, ist es durchaus real, irgendwo bis zum Jahr 2025 die Projektierung und die Fertigung eines Großraumflugzeuges in Angriff zu nehmen.“
Experten heben hervor, dass solche Projekte immer sehr kostspielig seien, Das Programm für die Entwicklung der Boeing 787 Dreamliner wird auf 32 Milliarden Dollar geschätzt. Einstweilen ist es noch unbekannt, wie viel Geld man für die Entwicklung des russischen Großraumflugzeuges auszugeben gedenkt. Laut Mitteilungen von Massenmedien sollen dabei die Vorläufe des noch nicht realisierten Projektes MS-21 (Linienflugzeug des 21. Jahrhunderts) weitgehend genutzt werden. Seine Zertifizierung ist für das Jahr 2016 geplant. Dieses Luftfahrzeug soll mit den Maschinen, die auf Mittelstrecken eingesetzt werden, d.h. mit der Airbus A320 und der Boeing 737 konkurrieren. Oleg Pantelejew, Leiter des analytischen Dienstes der Branchenagentur „AviaPort“, sagt:
„Die Erfahrungen, welche bei der Entwicklung der MS-21 akkumuliert worden sind, wäre es offenkundig sinnvoll, auf die anderen Linienmaschinen mit einem größeren Fassungsvermögen auszuweiten. Auch machen sich die Investitionen, die der Staat in die Entwicklung von verschiedenen Systemen, Triebwerken, Avionik und so weiter, durchführt, einfacher bezahlt, wenn auf der Basis dieser Technologien eine größere Anzahl von Marktprodukten geschaffen wird. Um eine stabile Lage auf dem Markt einzunehmen, macht es sich erforderlich, Produkte in verschiedenen Nischen zu besitzen. Angefangen mit Regionalmaschinen und bis zu den Langstreckenflugzeugen.“
Russland bewegt sich denn auch in dieser Richtung. Das Kurzstreckenlinienflugzeug Sukhoi Superjet 100 wird bereits auf den Weltmärkten angeboten. Der mexikanische Luftfrachtführer Interjet hat seine Absicht erklärt, die europäischen Airbus A320 auf Inlandstrecken durch russische Maschinen zu ersetzen. Es gibt Vereinbarungen über die Lieferung von Superjet 100 an Länder Südostasiens.
Die Nachfrage nach Großraumflugzeugen ist groß. Und was die Perspektiven für die Entwicklung dieses Marktes anbelangt, so bringt man sie mit China und Südostasien in Verbindung, wo der Umfang der Fluggastbeförderung weitaus schneller wächst als in Nordamerika oder Europa. Oleg Pantelejew ist der Auffassung, dass die Vereinigte Flugzeugbaukorporation gute Chancen hat, auf diesem Markt Fuß zufassen:
„Wenn wir uns die Perspektive für die nächsten zehn Jahre betrachten, so ist sie hinreichend günstig. Das Auftragsvolumen im Bereich der Militär- und der Militärtransporttechnik selbst im Interesse der Russischen Föderation allein macht es möglich, die Produktionskapazitäten ordentlich auszulasten. Das bietet der Flugzeugbaukorporation Zeit, um das Zivilsegment auf die Beine zu bringen. Es kommt darauf an, im Segment der Regionalmaschinen Fuß zu fassen und mit der Expansion im Segment der Langstreckenflugzeuge zu beginnen.“
Jedoch unterstreicht der Experte, dass dies in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Jahren getan werden sollte. Es komme dabei nicht nur auf die Konkurrenz durch Boeing und Airbus an. China fasse den asiatischen Markt für die Luftbeförderung auf Langstrecken ins Auge. Und das könnte seinerseits das Leben der russischen Flugzeugbauer stark erschweren.
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