PROF. DR. EXNER: Erinnern Sie sich an die Zusammenkunft im Führerzug vom 9. September 1939, die der General Lahousen hier beschrieben hat. Können Sie sich an ihn erinnern?
JODL: Ja, an diese Besprechung erinnere ich mich genau.
PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, wovon wurde gesprochen, solange Sie in diesem Führerzug anwesend waren, in dieser Zusammenkunft?
[409] JODL: Ich kam mit dem Führer zusammen in dem sogenannten Befehlswagen, in dem Kartenraum, wo Feldmarschall Keitel, Canaris und Lahousen waren, und dann hielt Canaris einen kurzen Vortrag über seine Nachrichten aus dem Westen und gab der Vermutung Ausdruck, daß ein französischer Angriff im Abschnitt Saarbrücken bevorstehe. Der Führer hat dem widersprochen, und ich habe dem auch widersprochen. Sonst war von nichts die Rede.
PROF. DR. EXNER: Also ist die Darstellung Lahousens in dem Punkt jedenfalls richtig, daß Sie nur diesen Teil der Besprechung miterlebt haben?
JODL: Von meiner Seite ist gegen die Darstellung Lahousens kein Wort einzuwenden; absolut richtig.
PROF. DR. EXNER: Es ist im Prozeß wiederholt von der Artilleriebeschießung und dem Luftbombardement von Warschau gesprochen worden. Waren Sie an dieser Befehlsgebung beteiligt?
JODL: Ja, ich war insofern mitbeteiligt, als nämlich der Oberbefehlshaber des Heeres beim Führer beantragte, die Artilleriebeschießung freizugeben, als der Artillerieaufmarsch beendet war. Der Führer lehnte das ab. Er sagte, das ist ja Wahnsinn, was hier geschieht durch die Polen. Er befahl mir neue Flugblätter zu entwerfen, was ich persönlich auch getan habe, sofort, und diese Flugblätter nochmals über der Stadt Warschau abwerfen zu lassen. Und erst als diese erneute Aufforderung, den aussichtslosen Widerstand aufzugeben, keinen Erfolg hatte, gab er die Artilleriebeschießung und die Luftangriffe auf die Festung Warschau frei – und ich betone das Wort »Festung«.
PROF. DR. EXNER: Hatten Sie bei der Befehlserteilung auch etwas mit der Übereinstimmung der deutschen und der sowjetrussischen Operation zu tun?
JODL: Ja, als wir noch drei Tagemärsche von der Weichsel entfernt waren, da informierte mich zu meiner größten Überraschung, ich glaube, der Vertreter des Auswärtigen Amtes im Führerhauptquartier dahingehend, daß Sowjetrußland die polnischen Gebiete...
VORSITZENDER: Angeklagter! Wenn Sie wollen, können Sie etwas schneller sprechen
PROF. DR. EXNER: Wußten Sie schon im Polen feldzug von den Absichten des Führers gegenüber dem Westen?
JODL: Während des Polenfeldzuges war der Führer selbst zweifelhaft. Auch er konnte sich keine plausible Erklärung machen über die völlige Untätigkeit der französischen und englischen Kräfte in Frankreich, die nur mit Hilfe ihrer Kriegsberichte eine Art Scheinkrieg inszenierten. In Wirklichkeit fiel aber an der Front kein Schuß. Aber Ende September war sich meiner Erinnerung nach der Führer doch darüber klar, daß, wenn England mal in einen Krieg eingetreten ist, es einen solchen Krieg auch bis zum bitteren Ende durchkämpft



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