”Indem Hitler damals die Grundthese seiner aussenpolitischen Strategie preisgab, erklaerte er sich zugleich fuer die Unterstuetzung des sogenannten Hoffmann-Rechberg-Papen-Planes, dessen energischste Vertreter in der Fuehrung der Nazi-Partei Rosenberg und Goering waren. Zu den Hintermaennern dieses Planes gehoerten ausserdem der Kronprinz Wilhelm, der Sohn des Reichspraesidenten, Oskar von Hindenburg, der ehemalige kaiserliche Offizier Franz von Papen (päpstlichen Geheimkämmerer, Katholisches Zentrum, Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Ritter des Malteserordens), Ritter Franz von Epp (“Mutter-Gottes-General”, hat den katholischen Separatisten Ritter von Kahr in Bayern an die Macht gebracht) und andere. Den Plan hatte der General Max Hoffmann entworfen. Dieser war im ersten Weltkriege Generalstabschef der Ost-Armee gewesen. Schon damals hatte er sehr nachdruecklich die Anschauung vertreten, dass, um der deutschen Armee den Sieg in kuerzester Frist zu sichern, die entscheidenden Schlaege an der Ostfront gefuehrt werden muessten. General Hoffmann ist einer derjenigen, die den Generalfeldmarschall von Moltke im Jahre 1914 veranlassten, die bekannten zwei Divisionen vom rechten Fluegel der Westfront nach dem Osten zu ueberfuehren, um sie gegen General Rennenkampf einzusetzen. Diese Massnahme bewahrte zwar die Gueter der ostpreussischen Junker vor Kriegsschaeden, aber sie fuehrte zur Niederlage an der Marne und war somit entscheidend fuer den Ausgang des Krieges.
Nach dem Zusammenbruch des Jahres 1918 wurde General Hoffmann zum Trommler fuer einen sofortigen Kreuzzug gegen die Sowjetunion. Er war ueberzeugt, dass durch einen deutsch-franzoesischen Feldzug gegen Sowjetrussland die Niederlage des deutschen Imperialismus in kuerzester Frist ausgeglichen und sein Drang nach dem Osten doch noch verwirklicht werden koenne. Schon im Jahre 1919 veranlasste Hoffmann den Industriellen Arnold Rechberg, Verhandlungen mit Marschall Foch ueber die Bildung einer deutsch-franzoesischen Expeditionsarmee zu fuehren. Im Jahre 1923 konspirierte Hoffmann erneut, um seine Plaene realisieren zu koennen. Er trat unter anderem mit dem englischen Botschafter in Berlin, Lord d'Abernon, in Verbindung. In dessen Tagebuch findet sich die folgende bezeichnende Bemerkung ueber Hoffmann:
"Alle seine Gedanken sind beherrscht von der allgemeinen Auffassung, dass nichts in der Welt gelingen kann, bevor nicht die zivilisierten Maechte des Westens zusammenkommen und die Sowjetregierung auf haengen."
Arnold Rechberg wurde nun zum Haupteinpeitscher dieses Planes. Rechberg war im ersten Weltkriege persoenlicher Adjutant des Kronprinzen Wilhelm gewesen und stand mit diesem weiter in enger Fuehlung. Im Herrenklub gehoerte er zur Klique der Oskar von Hindenburg, Elard von Oldenburg-Januschau, Franz von Papen und Dr. Alfred Hugenberg. Rechberg war einer der Magnaten der deutschen Kali-Industrie, die sich in einem Kartellverhaeltnis zur franzoesischen Kali-Industrie befand. Ausserdem war Rechberg an der Stahlindustrie interessiert. Er betrieb zusammen mit der Wolff-Strauss-Gruppe fruehzeitig die Schaffung eines deutsch-franzoesischen Stahlkartells, von dem er hoffte, dass es spaeter auch die Ausbeutung der Erz- und Kohlenvorkommen in der Ukraine und im Donbass uebernehmen werde. Schliesslich stand Rechberg in Kontakt mit Dr. Georg Bell, dem Agenten Sir Henry Deterdings, Manager des britisch-niederländischen SHELL-OIL-Weltkonzerns, und unterhielt Verbindungen zu Alfred Rosenberg, der rechten Hand Hitlers in den Fragen der Ostpolitik.” (Paul Merker, Deutschland – Sein oder Nichtsein? Mexico 1944, Bd.2)