Religiöse Ultras kämpfen um die Heilige Stadt
Geschlechtertrennung auf der Straße, Auftrittsverbot für Sängerinnen, Werbeplakate ohne Frauen: Jerusalems ultraorthodoxe Juden bestimmen mit ihrem extremen Weltbild das öffentliche Leben. Säkulare Gruppen fürchten eine Radikalisierung der Gesellschaft, auch strenggläubige Rabbis schlagen Alarm.
Die Haredisierung Jerusalems geht schleichend voran. Nur wer genau hinsieht, bemerkt, dass schon seit einigen Jahren bei Stadtfesten in den Parks Jerusalems keine Frauen mehr auf der Bühne stehen: Es schickt sich für einen ultrafrommen Juden nicht, einer singenden Frau zu lauschen. An den Imbissständen solcher Feste wird schon lange ausschließlich koscheres Essen serviert.
Auch die Stadtverwaltung versucht, es den streng religiösen Bewohnern rechtzumachen: Im von der Gemeinde Jerusalem veröffentlichten Kulturkalender fehlen die Einträge für Veranstaltungen am Freitag und Samstag. So soll niemand in Versuchung geführt werden, sich am Sabbat zu vergnügen statt zu beten.
Und auf den Plakatwänden in Jerusalem sind kaum noch Frauen zu sehen: Israelische Modemarken und Lebensmittelhersteller haben inzwischen eigens für Jerusalem frauenfreie Kampagnen entwickeln lassen. Mit dieser Selbstzensur wollen sie vermeiden, dass ihre Reklame von selbsternannten Sittenwächtern übersprüht wird.
Die Männer in schwarzen Gehröcken und mit Schläfenlocken, die Frauen in knöchellangen schwarzen Röcken und mit bedecktem Haar: In vielen Vierteln Jerusalems bestimmen die Ultras inzwischen das Stadtbild. Diese Gruppe macht etwa ein Drittel der rund 500.000 jüdischen Einwohner der Heiligen Stadt aus.