Menschenverachtende Waffen
Wieso die Bundeswehr nicht auf Streubomben verzichtet
So sieht sie aus, die Streumunition. Gott sei Dank entschärft. Über sie wird zur Zeit in Dublin verhandelt. Die Position der Bundesregierung scheint in dieser Frage klar zu sein. Wir, die Bundesregierung, treten ein für ein umfassendes und weltweites Verbot von Streumunition. So schreibt uns hier das Auswärtige Amt.
Aber wieso kehren wir nicht erst einmal vor der eigenen Tür? Anders gefragt, warum verfügt die Bundeswehr dann immer noch über Streumunition. Thomas Reutter mit den Details.
Bericht: 
Streubomben im Einsatz. 
2001 in Afghanistan, 2003 im Irak, 2006 im Libanon.  Über diesem libanesischen Dorf warf die israelische Luftwaffe eine Streubombe ab. Die Munition, die ins Haus flog, wurde geräumt. Doch den Garten hatte man vergessen. 
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Besonders heimtückisch, viele der Einzelbomben explodieren nicht sofort, bleiben aber scharf, genau wie die verbotenen Anti-Personen-Minen. 
Streumunition trifft aber auch schon beim Einsatz oft Zivilisten. So wie bei diesem NATO-Angriff in Serbien 1999. 
Auf einer Konferenz in Dublin ringen derzeit mehr als einhundert Staaten um ein Verbot von Streumunition. Per Videobotschaft richtet Ban Ki Moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, einen Appell an Militärs und Diplomaten.
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Offiziell macht sich Deutschland in Dublin stark für die Abschaffung von Streumunition. Doch wie ehrlich ist die deutsche Haltung? Rückblick. 2003 hatte REPORT MAINZ aufgedeckt, 
auch die Bundeswehr verfügt über Streumunition. Nach unseren Recherchen einige tausend Artillerie-Raketen mit Millionen Bomben darin.
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O-Ton, Wolfgang Thierse, damals Bundestagspräsident (REPORT MAINZ vom 17.11.2003): 
»Ich wünsche mir sehr, dass die Bundeswehr auf solche Art von Waffen verzichtet.« 
Was ist seither geschehen? 2006, der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung dazu auf, sich für ein „Verbot aller Streumunition, deren für Personen gefährliche Blindgängerrate über ein Prozent liegt, einzusetzen“.
Aber ein solches Verbot gibt es noch immer nicht, bis heute. Fast zwei Jahre nach dem Bundestagsbeschluss. Deutschland verfügt weiterhin über Streumunition, zum Beispiel für diesen Raketenwerfer, die sogenannte M 77. Die Blindgängerrate der M 77 liegt nach Informationen von REPORT MAINZ besonders hoch. Das räumt die Bundeswehr auf unsere Anfrage hin sogar ein.
„Die Blindgängerrate der M 77 entspricht nicht der Vorgabe der Bundesregierung“, liegt also höher als ein Prozent. Wie hoch genau, das sei geheim.
Kein Wunder, denn nach unseren Recherchen ist die Blindgängerrate der M 77 erschreckend hoch. Das belegt dieses US-Regierungsdokument. 
Die US-Armee verwendet ebenfalls M 77 und beziffert die Blindgängerquote auf bis zu 23 Prozent.
O-Ton, Thomas Küchenmeister, Experte für Streumunition und Landminen: 
»Das ist also der schlimmste Typ von Streumunition, den man sich vorstellen kann. Weil sie eben diese hohe Fehlerquote hat und weil sie ungelenkt verschossen wird. Das heißt also, wenn eine Salve dieses Raketenwerfers verschossen wird, können wir davon ausgehen, dass diese Salve bis zu 1.000 Blindgänger produziert. «
Nach Schätzungen von Thomas Küchenmeister verfügt die Bundeswehr über Millionen solcher Bomblet-Munitionen. Genau die Streumunition also, deren Verbot der Bundestag bereits seit zwei Jahren fordert und für deren Ächtung die Bundesregierung in Dublin angeblich eintritt. Wie passt das zusammen?
 
Das wollten wir Verteidigungsminister Franz Josef Jung fragen. Doch der lehnt ein Interview ab und teilt uns mit: 
So lange kein geeigneter Ersatz beschafft wäre, werde die Bundeswehr auf solche Streumunition nicht verzichten. Die Ächtung fordern und andererseits an Streumunition der übelsten Sorte festhalten. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.