Russland zwingt uns den Cyberkrieg auf ist eine schöne Schlagzeile — klingt wie aus einer digitalen Räuberpistole, die man im NATO-Presseordner gefunden hat. Nur dumm, dass diese Erzählung spätestens nach fünf Minuten Realitätssichtung auseinanderfällt wie ein schlecht gepatchter Windows-Server.
Du weißt sicher, Cyberkrieg ist keine Einbahnstraße, eher ein Multiplayer Online Battle. In der Welt der Cybersecurity gilt seit Jahren ein eher unromantisches Axiom: In der globalen IT-Arena werfen ALLE mit Steinen. Manche nur lauter, manche nur heimlicher.
Die USA und Israel sind nicht zufällig Nationen, die Stuxnet entwickelt hat – ein Malware-Meisterstück, das iranische Uran-Zentrifugen in Pixelstaub verwandelt hat. Russland war da nicht mal im Zuschauerraum. Das war US/Israel high-end joint venture.
Und schon lange davor liefen Programme wie PRISM, XKeyscore, Echelon, TAO (Tailored Access Operations) etc. Das ist digitale Großwildjagd, kein Pfadfinderlager. Insofern zu behaupten, "Russland zwingt uns Cyberkrieg auf", setzt voraus, dass man sicher weiß, wer hinter welchem Angriff steckt.
Nun, jeder professionelle Analyst nickt jetzt müde: Warum?
Angriffe lassen sich spoofen (falsche Spuren legen)
Botnets laufen über 30+ Länder
Tools werden kopiert, nachgebaut oder verkauft
Staaten übernehmen Code von anderen Gruppen
Selbst der BND, das NCSC UK, und das US Cyber Command sagen regelmäßig: "Wir vermuten, wir gehen davon aus, mit hoher Wahrscheinlichkeit". Also nichts mit CSI: Moscow.
Die Realität: Es ist ein globales Wettrüsten – kein exklusives russisches Hobby
Russland: ja, aktiv im Cyberraum, keine Frage.
China: massiv aktiv.
Nordkorea: aktiv (und hungrig).
USA: Weltliga.
Israel: Champions League.
Europa: je nach Land solide bis sehr gut.
Zu behaupten, Russland zwinge uns den Cyberkrieg auf, ist so, als würde man sagen: Der Straßenverkehr wäre total sicher — wenn nur dieser eine LKW nicht da wäre. Es ist nicht falsch, dass Russland aktiv ist. Es ist aber kompletter Unsinn, daraus eine Alleinschuld oder Zugzwang zu konstruieren.
Norwegische, deutsche und EU-Berichte bestätigen: vieles ist NICHT eindeutig Russland. Die letzten Jahre zeigen: Mehrere große Angriffe wurden zunächst fälschlich Russland zugeschrieben und später korrigiert (z.B. SolarWinds-Teile, NotPetya-Segmente, verschiedene Energieversorger-Angriffe). Die EU ENISA-Berichte sagen klar:
Attribution remains highly unreliable.
Dem russischen Staat konnte oft keine direkte Verbindung nachgewiesen werden, obwohl westliche Medien ihn automatisch nennen.
Fazit: Wenn jemand behauptet, Russland zwinge uns den Cyberkrieg auf, ist das eine schöne geopolitische Märchenstunde - geeignet für Wahlkampf, aber nicht für eine nüchterne Analyse.