Bundesverfassungsgericht - Parteiverbotsverfahren
Parteiverbotsverfahren
Parteien sind wichtige Bindeglieder zwischen den Wählerinnen und Wählern einerseits sowie dem Parlament und der Regierung andererseits. Ihre Tätigkeit soll möglichst
wenig durch den Staat
beeinflusst werden.
Verfassungsfeindliche Parteien muss eine wehrhafte Demokratie jedoch bekämpfen können. Um beiden Gesichtspunkten gerecht zu werden, hat das
Grundgesetz das
Parteiverbotsverfahren nicht der
Exekutive, sondern dem
Bundesverfassungsgericht zugewiesen. So ist gewährleistet, dass ein
unabhängiges Gericht alleine nach
verfassungsrechtlichen Maßstäben entscheidet.
Verbotsverfahren
Das Verfahren ist in
Art. 21 Abs. 2 GG und
§§ 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Parteiverbotsverfahren erhalten das Aktenzeichen „BvB“. Parteien, die nach ihren
Zielen oder nach dem
Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu
beeinträchtigen oder zu
beseitigen oder den
Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu
gefährden, sind verfassungswidrig
(vgl. Art. 21 Abs. 2 GG).
Nach der
bisherigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts genügt alleine die
Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen hierfür
nicht. Hinzukommen müssen eine
aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf
deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie
konkrete Anhaltspunkte dafür, dass
ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele
nicht völlig aussichtslos erscheint.
Antragsberechtigung und Vorverfahren
Antragsberechtigt sind
Bundestag, Bundesrat und
Bundesregierung. Zunächst
prüft das Bundesverfassungsgericht in einem
Vorverfahren, ob das Hauptverfahren eröffnet wird oder der Antrag als
unzulässig bzw. als
nicht hinreichend begründet zurückzuweisen ist.
Hierfür wird eine
vorläufige Bewertung der
Erfolgsaussichten nach
Aktenlage vorgenommen.
Hauptverfahren
Erweist sich der Antrag im Hauptverfahren als
begründet, stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die politische Partei verfassungswidrig ist, erklärt die
Auflösung der Partei und das
Verbot, eine
Ersatzorganisation zu schaffen. Hierzu und zu jeder anderen Entscheidung, die für die Partei nachteilig ist, bedarf es einer
Mehrheit von
zwei Dritteln der
Mitglieder des
Senats. Das
Bundesverfassungsgericht kann zudem die
Einziehung des Vermögens der Partei aussprechen.
Verfahren zum Ausschluss von der staatlichen Finanzierung
Seit der Neuregelung des
Art. 21 Abs. 3 GG im Jahr
2017 besteht zudem die Möglichkeit, Parteien von der staatlichen Finanzierung
auszuschließen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.
Das eigenständige Verfahren ist in
§ 46a BVerfGG geregelt; auch insofern ist das Aktenzeichen „BvB“ vorgesehen.
Antragsberechtigt sind ebenfalls Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Ein
Vorverfahren ist gleichfalls durchzuführen.
Anders als das Parteiverbot setzt der
Ausschluss von der
staatlichen Finanzierung nicht voraus, dass die Partei ihre
verfassungsfeindlichen Ziele potentiell auch
erreichen kann. Erweist sich der Antrag als begründet, so stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Partei für
sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung
ausgeschlossen ist. Die Feststellung ist auch auf Ersatzparteien zu erstrecken.
Die Antragsberechtigten können eine Verlängerung des Ausschlusses um weitere sechs Jahre beantragen. Erneute Verlängerungsanträge sind ebenfalls möglich.
Bisherige Verfahren
Zweimal hat das
Bundesverfassungsgericht bislang ein
Parteiverbot ausgesprochen:
1952 wurde die
Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten und
1956 die
Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).
Ein
2001 gegen die
Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) eingeleitetes Verbotsverfahren wurde
2003 aus verfahrensrechtlichen Gründen
eingestellt. Am
17. Januar 2017 entschied das
Bundesverfassungsgericht erneut über ein Verbot der
NPD. Dabei stellte der
Zweite Senat zwar fest, dass die NPD ein auf Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept vertritt. Wegen
fehlender Anhaltspunkte für eine
erfolgreiche Durchsetzung ihrer politischen Ziele wurde die Partei jedoch
nicht verboten.
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