Rüstungsnews / 1. Februar 2024
Am 20. Jänner jährte sich das erste Abheben der F-16 Fighting Falcon zum 50. Mal. Seit dem Erstflug im Jahr
1974 hat sich der ursprünglich von General Dynamics entwickelte und seit 1993 von Lockheed Martin produzierte Kampfjet als einer der besten der Welt etabliert und stellt heute mit 4.591 gebauten – und davon aktuell noch 2.767 in 25 Ländern aktiven Exemplaren (darunter 622 Zweisitzer) – global die zahlenmäßig größte Kampfjet-Flotte. Satte 15 Prozent aller weltweit im Einsatz befindlichen Kampfflugzeuge sind damit F-16, alleine die USA betreiben 875 Maschinen.
Zum Jubiläum fand am 25. Jänner auf der Edwards Air Force Base der US Air Force (USAF) eine Geburtstagsfeier nur für das Personal des Stützpunkts und besondere Gäste statt. Dabei wurden spezielle und seltene (Test-)Versionen aus der Geschichte des Jets gezeigt, zudem kamen rund 40 F-16-Jäger von verschiedenen Stützpunkten und Verbänden in den USA zusammen. Darunter natürlich auch das seit
1983 den Typ fliegende USAF-Display-Team Thunderbirds. Zum goldenen Jubiläum präsentierte die Truppe bereits am 22. Jänner zwei Maschinen mit farbigen Hecks, angelehnt an die Jubiläumsfarben von 1974 sowie des 416. FLTS-Teams.
Ende der 1960er-Jahre.
Erste Schritte
Die Grundlage für die Entwicklung des Kampfjets bildete der
Vietnam-Krieg. Während der Kämpfe waren die kanonenbewaffneten sowjetischen
MiG-17F und
MiG-19S der Nordvietnamesen für die damaligen US-Maschinen und ihre vordringlich auf das Abfangen von Bombern trainierten Piloten eine weit größere Herausforderung als erwartet. Das lag vor allem daran, dass die Einsatzregeln Angriffe mit Langstreckenlenkwaffen in den meisten Fällen ausschlossen, da eine visuelle Identifizierung erforderlich war, und sich der Kampf daher sehr oft auf nur kurze Distanzen beschränkte, wobei hohe Manövrierfähigkeit und Luft-Luft-Waffen mit kurzer Reichweite gefragt waren.
Die F-4 Phantom als Haupttyp der USAF und US Navy (USN) hatte in ihren frühen Versionen allerdings nicht einmal eine Bordkanone. Dazu kam, dass die US-Lenkwaffen aus dieser Zeit (AIM-7 und frühe AIM-9) auch weniger zuverlässig waren als erwartet und etliche Male nur zu Boden fielen, in Richtung Sonne flogen oder auf zu nahe Ziele nicht scharf wurden.
1974 war die
YF-16 noch fast um die Hälfte leichter und schubschwächer als ihre heutigen „Enkel”. Die USA zogen daraus – und auch aus den Erfahrungen des Sechstage-Krieges zwischen Israel und den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien, sowie aus den beiden indisch-pakistanischen (Luft)Kriegen – ihre Schlussfolgerungen und initiierten daraufhin das sogenannte Lightweight Fighter Program. Dabei traten General Dynamics mit der
YF-16 und Northrop Grumman mit der YF-17 (später die McDonnel-Douglas F/A-18-Serie) an und am
13. Jänner 1975 verkündete der damalige Secretary of the Air Force John L. McLucas die
YF-16 als Sieger der inzwischen ACF (Air Combat Fighter) genannten Ausschreibung.
Wegen eines „Beinahe Desasters” im Jahr zuvor hätte der Wettbewerb aber auch durchaus anders ausgehen können. Denn YF-16 General Dynamics Testpilot Phil Oestricher erinnert sich hier und hier an den für den 20. Jänner 1974 nicht geplanten und unbeabsichtigten Erstflug. Eigentlich stand an diesem Tag auf der Edwards AFB ein Hochgeschwindigkeits-Rolltest an, aber der – für damalige Verhältnisse – futuristisch anmutende Jet hatte andere Ideen.
YF-16 General Dynamics Testpilot Phil Oestricher konnte beim
„überraschenden” Erstflug einen Crash gerade noch
vermeiden.
Als Phil die Nase des Flugzeugs während des Tests leicht anhob, begann die YF-16 um die Längsachse zu rollen – so heftig, dass der linke Flügel und das rechte Höhenleitwerk auf der Rollbahn aufschlugen. Während er verzweifelt darum kämpfte, die Kontrolle zu behalten, wurde die Situation immer schlimmer, der Prototyp begann nach links abzudriften. Oestricher erkannte, dass er – um einen Unfall zu vermeiden – vom geplanten Test abweichen und das Flugzeug sofort in die Luft bringen musste.
Nach einigen atemberaubenden Momenten – noch einmal fiel das Flugzeug wieder auf die Landebahn – gelang es ihm, so viel Geschwindigkeit zu erreichen, dass der Prototyp abheben und in einer weiten Linkskurve einen dramatisch unerwarteten sechsminütigen Flug absolvieren konnte, bevor er wieder normal landete.
Ab
2002 wurden die beiden insgesamt 1.700 Liter fassenden‚ konformen Treibstoffbehälter für die Oberseite angeboten, die Folge waren mehr Platz für Waffenlast oder ein größerer Radius. Griechenland, Chile, Israel, Polen, Pakistan, Türkei, Singapur, Marokko, Ägypten und die VAE haben die Behälter geordert.
Auf insgesamt 80 Stück (55+25) beläuft sich die Produktion der nur für die VAE gebauten F-16E/F als Block-60, mit unter anderem dem flüssigkeitsgekühltem AN/APG-80 AESA-Radar.
Die am nähesten zu uns fix stationierten F-16 sind seit
1994 die zwei Staffeln der USAFE in Aviano (Italien): 510th „Buzzards” und 555th „Triple Nickel”.
2002 wurden Block-50/52 auch Österreich angeboten, die offiziellen Gründe der Ablehnung (Radarstörresistenz, farb. Moving Map, ...) hat Hersteller Lockheed Martin nie ganz verstanden. Was blieb ist ein Ö-Werksmodell im Besitz des Autors.
Durch sein geschicktes Fliegen hatte Oestricher (er starb 2015 im Alter von 84 Jahren) dazu beigetragen, ein Design am Leben zu erhalten, das zu einem der erfolgreichsten in der Luftfahrtgeschichte wurde. Den ersten „Jet-Kill” verzeichnete das Muster am 14. Juli 1981 durch eine israelische F-16A Netz gegen eine syrische MiG-21.
Ungebrochen hohe Nachfrage
2017 verließ die letzte F-16 (für den Irak) die legendäre, eine Meile lange Fertigungshalle Plant No. 4 (dort wurden ab Februar 1942 auch 2.743 B-24 Bomber gefertigt) bei Lockheed Martin, dort werden nun nur mehr
F-35 gebaut. Pandemiebedingt wurde die F-16 Auslieferung mit den heutigen Block-70/72 (-> alle Details der Serie) nach einer unerwartet langen Pause erst 2023 in Greenville, South Carolina wieder aufgenommen, den Anfang machten 16 Stück für Bahrain. Es folgen neue Jets für Taiwan (66 Maschinen), die Slowakei (14, die Übergabe der ersten beiden Maschinen erfolgte erst kürzlich), Bulgarien (16) und Marokko (24) – insgesamt stehen bei Hersteller Lockheed Martin 160 Orders für die neueste Version Block-70/72 in den Büchern.
Lineup mehrerer F-16 aus acht Ländern bei einem RIAT in Fairford. Heuer ist dort ab 19. Juli ebenfalls das Motto: „50 Years of Fighting Falcon”.
Aber auch ältere Muster erfreuen sich nach wie vor hoher Beliebtheit: So soll die dem russischen Angriff Widerstand leistende Ukraine im laufenden Jahr 61 ältere F-16 erhalten, welche die F-35-Käufer Belgien, Dänemark, Niederlande und Norwegen – mit Unterstützung von Lockheed-Martin – an Kiew abgeben.
Neuester F-16-Kunde dürfte die Türkei werden. Am 26. Jänner veröffentlichte das US-Außenministerium seine Entscheidung zu einem möglichen Verkauf von bis zu 40 F-16-Block-70 (32 + 8) und zugehöriger Ausrüstung sowie 79 F-16V Upgrade-Kits für ältere F-16 der türkischen Luftwaffe (THK) um geschätzte Kosten von (maximal) 21,2 Milliarden Euro. Zur freigegebenen Ausstattung zählen beispielsweise auch 149 AN/APG-83 AESA Scalable Agile Beam Radare (SABR).
Vor der US-Genehmigung hatte die Türkei alternativ auch überlegt 40 Eurofighter zu kaufen. Laut einem aktuellen Medienbericht scheint Ankara an dem deutsch-französisch-britischen Gemeinschaftsprojekt aber nach wie vor interessiert zu sein und könnte der Eurofighter nun zusätzlich zu den F-16 beschafft werden.
Im Gegenzug für die Verkaufsfreigabe neuer F-16 an die Türkei erhielt Griechenland die Genehmigung zum Kauf von bis zu 40 F-35A. In genauer Betrachtung der Parität mit Ankaras Rivale Griechenland genehmigte die Defense Security Cooperation Agency des Pentagons am selben Tag auch den Verkauf von 40 Stück F-35A an Griechenland – der Auftragswert liegt dort bei maximal acht Milliarden Euro. Wegen des griechischen Ansuchens darum – und weil sie wegen der Beschaffung von S-400-Flugabwehrsystemen aus dem F-35-Programm ausgeschlossen worden waren – hatten die Türken schon lange auf die modernste F-16-Variante gedrängt. Ob das im Land von Turkish Aerospace Industries (TAI) geplante Upgrade der bestehenden F-16-Flotte der Türkei nun weiterverfolgt wird, ist noch nicht bekannt. Das
griechische Upgrade bei insgesamt 84 ihrer F-16-Maschinen hat indes schon begonnen und wird bis 2027 dauern.
Im August 2023 wurde in der Türkei das „
Ozgur-2”-Paket zum hauseigenen Upgrade der Blocks 30/40/50 gestartet, hier die erste Block-30 Maschine (aus
1987). Ob das Programm nach Zustimmung der USA zu 40 neuen „
70er-” und
„89er”-Kits noch weitergeht ist offen.
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