
Zitat von
Rumpelstilz
Über Dänemark habe ich auch schon viel Positives gehört und gelesen. Dass dort nicht alle EU-Regelungen umgesetzt werden und es trotz seiner Nähe zu Deutschland schon recht verschieden ist. Wer 40 Jahre lang eingezahlt hat, bekommt schon einmal eine Grundrente von alleine € 2500.
Nur kenne ich Dänemark gar nicht und in der Schweiz habe ich mal gearbeitet .... vor drei Jahrzehnten.
Ich passe auch sicher von meinem Charakter nicht in einen Nanny-Staat mit vielen Vorschriften und Regeln. Ich bin zwar mitten in der Grossstadt Frankfurt/Main aufgewachsen, 20 - 30 Gehminuten vom Römer entfernt und mit Blick auf den Main, aber als Kind habe ich lose Milch in der Alukanne vom Laden schräg über die Strasse gekauft. Es gab ambulante Händler, die klingelten, um ungestempelte Eier zu verkaufen. Es gab Männer mit Bauchladen, Scherenschleifer stellten ihr Gerät auf den Bürgersteig und Schrottsammler mit Handwagen riefen laut aus.
Als Kinder haben wir auch gerne auf Trümmergrundstücken gespielt, obwohl das natürlich verboten war. Wir sind dann auch in die Keller gekrochen.
Deshalb gefällt mit auch das neue Zentrum von Lima nicht. Da gibt es keine ambulanten Händler, keine Mototaxis und auch sonst vieles nicht. Das ist mir alles zu steril. So wie in Europa.
Trotzdem muss die Abwesenheit eines Nanny-Staates nicht zwangsläufig Chaos bedeuten.
Der Unterschied liegt in der Hauptsache in einem einfachen Steuer- und Gewerberecht. Es gibt hier einen Steuertarif für Kleinselbständige, der heisst "Nuevo RUS", kann man auch im Internet nachschauen. Da zahlt man für einen "ortsfesten Betrieb", also Laden, Marktstand in einer Halle oder auch einfach nur ein Tisch auf dem Bürgersteig vor dem Haus, im Monat einen festen Betrag von umgerechnet € 5 als pauschale Steuer bis zu einem monatlichen Einkommen von umgerechnet € 1250.
Der staatliche Mindestlohn liegt jetzt bei S/ 1130 und bis S/ 5000 (~ € 1250) zahlt man also nur pauschal € 5 im Monat an Steuern. Und der eigentliche Clou ist: man braucht keinerlei Buchführung, weder was man eingekauft hat, noch was man verkauft hat. Gar nichts. RGN - rein gar nichts.
Das hat eben den Vorteil, das jeder ganz einfach hier wirtschaften kann, wie es ihm beliebt. Es gibt keine bürokratischen und steuerliche Hürden. Und da profitiere ich auch als Konsument von.
Es gibt auch keine Schwarzarbeit, weil es den Staat nicht übermässig interessiert, ob nun jemand mit Steuernummer aufgrund des hohes Freibetrages keine Steuern zahlt, oder ohne Steuernummer keine Steuern zahlt. Das Resultat ist ja dasselbe.
Und trotzdem lebe ich nicht im Manchester-Kapitalismus.
Ich habe seit 2020 meine Krankenversicherung vom staatlichen SIS. Den Tarif "SIS para todos". Der ist völlig beitragsfrei, seit 2019 auch unabhängig vom Einkommen. Man muss also nicht zwingend arm sein, um diesen beitragsfreien Tarif in Anspruch nehmen zu dürfen.
Die Zuzahlungen werden auch jedes Jahr geringer. Ein Schwager von mir hat auch diesen Tarif und eine Operation, wo gleichzeitig ein Bauchnabelbruch beseitigt und die Galle entfernt wurde, kostete ihn umgerechnet € 130 an Zuzahlung. Also einhundertdreissig Euro umgerechnet.
Wenn ich jetzt in diesem Februar von Pucallpa 6 Stunden lang auf dem Ucayali mit dem Passagierschnellboot nach Contamana gefahren bin, so hatte ich trotz der wenigen Dörfer am Fluss so etwa auf einem Drittel der Strecke Mobilfunk-Empfang. Die Stadt Contamana selbst hat etwa 30.000 Einwohner und ist nur mit dem Kleinflugzeug oder auf dem Wasserwege erreichbar.
Trotzdem gibt es dort 24/7 Strom, man kann in einigen Geschäften mit Karte bezahlen, ansonsten auch fast überall mit dem Handy (yape oder PLIN). Es gibt auch eine Bankfiliale der Banco de la Nación mit Geldautomaten. Die anderen Banken behelfen sich mit sog "agentes", wo man einfache Bankgeschäfte erledigen kann.
Ich wollte das nur einmal erwähnen, denn es ist keinesfalls so, wie dass die Medien in Europa darstellen.
Und ich persönlich mag eben das regulierte Leben in Europa nicht, aber wen das nicht stört, der ist sicher auch gut in Dänemark oder der Schweiz aufgehoben.