Die mäßig pazifistische Neuregelung des Aggressionsverbrechens nach § 13 VStGB
Besprechung des Gesetzes zur Einführung des Verbrechens der Aggression in das deutsche Völkerstrafgesetzbuch
von Annegret L. Hartig, LL.M., mâitre en droit
Auszug
2. Tathandlungen von der Vorbereitung bis zur Begehung
In Anlehnung an die Statuten des IStGH, des Internationalen Militärgerichtshofes und des Internationalen Militärgerichtshof für den Fernen Osten sind fortan nach
§ 13 VStGB alle
Einzelphasen der
Deliktsverwirklichung von der
Planung bis zur
Begehung des
Aggressionsverbrechens strafbar.[26] Damit schließt § 13 VStGB die Regelungslücke, die durch die bloße Pönalisierung der Vorbereitung des Angriffskrieges nach alter Rechtslage bestand.[27]
Anders als im IStGH-Statut sind in § 13 VStGB wegen des unterschiedlichen Schweregrades für Tathandlungen zusätzliche Anforderungen und unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen. Für die tatsächliche Begehung der Angriffshandlung stellt § 13 Abs. 1 VStGB keine weiteren Voraussetzungen auf.
Dagegen sind nach
§ 13 Abs. 2 VStGB Tathandlungen im Vorfeld der Angriffshandlung (Planen, Vorbereiten und Einleiten) aufgrund des Grundsatzes des schuldangemessenen Strafens nur dann strafbar, wenn die Angriffshandlung begangen worden ist (Nr. 1)
oder
durch sie die
Gefahr einer
Angriffshandlung für die Bundesrepublik Deutschland
herbeigeführt wird
(Nr. 2).
Das Planen, Vorbereiten und Einleiten einer Angriffshandlung ist also von einer
objektiven Bedingung der Strafbarkeit (Nr. 1)
oder dem
Eintritt einer
konkreten Gefahr (Nr. 2) abhängig.
Die auf dem ersten Blick innovative Regelung des §13 Abs. 2 Nr. 1 mag sich an der Grundentscheidung der Vertragsstaaten des IStGH orientieren, wonach das Aggressionsverbrechen nur bei tatsächlicher Durchführung der Angriffshandlung strafbar ist. Dies ergibt sich zwar nicht direkt aus Art. 8 bis IStGH-Statut, wohl aber aus den sog. Verbrechenselementen, die gem. Art. 9 Abs. 1 IStGH-Statut vom IStGH bei der Auslegung des Statuts zu berücksichtigen sind.[28]
Das Erfordernis einer
konkreten Kriegsgefahr für Deutschland nach
§ 13 Abs. 2 Nr. 2 VStGB fußt dagegen auf dem zuvor geltenden § 80 StGB. Dessen Reduzierung des Friedensbegriffes auf die zwischenstaatlichen Beziehungen Deutschlands stand angesichts des weiten Verfassungsauftrages nach Art. 26 GG („friedliche Zusammenleben der Völker“) bereits in der Kritik.[29]
Daher ist der partielle Verzicht auf die Herbeiführung einer Kriegsgefahr für Deutschland in § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 VStGB positiv hervorzuheben. Das Erfordernis der Kriegsgefahr für Deutschland nach alter Rechtslage führte dazu, dass der Generalbundesanwalt den Anfangsverdacht im Falle der Irakinvasion
ablehnen konnte. Die Möglichkeit eines Krieges zwischen fremden Staaten reichte nach § 80 StGB a.F. nicht aus.[30] Angesichts der militärischen Zurückhaltung Deutschlands und seiner geographischen Lage inmitten einer der friedlichsten Regionen der Welt[31] ist allerdings kaum mit einer konkreten Kriegsgefahr für Deutschland zu rechnen.
Daher sind die einzig für die deutsche Strafjustiz denkbaren Fälle diejenigen, in denen sich die deutsche Führungsriege an Aggressionsverbrechen anderer Staaten beteiligt.
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